Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

DOI Artikel:
Schmidt, Friedrich: Die epitaphischen Reden der alten Athener
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0593

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die epitaphiſchen Reden der alten Athener. 583

Plato und Demoſthenes vereinigen das hiſtoriſche Lob der
Stadt mit der Schilderung der übrigen glücklichen Verhältniſſe
Athens in der Art, daß dieſer Teil als Mittel erſcheint, um die
edle Abkunft, die Bildung und Lebensweiſe der zu Beſtattenden
in möglichſt glänzendes Licht zu ſtellen.

Hyperides endlich betrachtet das Thema von der Verherr—
lichung Athens und der Vorfahren als untergeordneten Beſtandteil
der ganzen Rede und begnügt ſich damit, ſoweit wir nach der
bruchſtückweiſen Ueberlieferung ſeiner Rede beurteilen können,
Athen als Hort des Friedens, als Beſchützerin der Hilfsbedürftigen
und Verfolgten, als Rächerin der Frevelthaten hinzuſtellen, wobei
er ſehr ſchön Athen mit der ſegenſpendenden Sonne unter den
übrigen Geſtirnen vergleicht.

Plato und Demoſthenes unterlaſſen nicht, die Vorzüge und
Erzeugniſſe des attiſchen Bodens hervorzuheben. Der erſtere ver—
weilt mit Vorliebe bei dem Streit der Götter um den Beſitz des
attiſchen Landes, welcher ja den Athenern auch plaſtiſch vor Augen
ſtand im hinteren Giebelfeld des herrlichen Parthenons auf der
Akropolis. Auch erwähnt er als die in Attika zuerſt der Erde
entſproſſenen nützlichen Gewächſe den Weizen, die Gerſte, den
Oelbaum.

Demoſthenes bemüht ſich, das attiſche Land als das wahre
Mutterland ſeiner ureigenen Bewohner hinzuſtellen, dem es infolge
dieſes Segens vergönnt war, allen übrigen Bewohnern Griechen—
lands Getreide und ſonſtige Lebensmittel mitzuteilen.

Wer denkt hier nicht an den Kultus der Demeter, an die
Ausſendung des Triptolemos, an die Pflanzung des Oelbaums,
an die Erſchaffung des Roſſes und an unzählige ähnliche Sagen,
womit das atheniſche Selbſtbewußtſein, um die kulturhiſtoriſche
Bedeutung Athens darzuthun, die Urgeſchichte der Heimat ver—
herrlichte?

So weiſt auch Iſokrates in ſeiner Lobrede auf die Stadt
Athen nach, daß es von Anfang an der weltgeſchichtliche Beruf
der Athener geweſen iſt, die Barbaren zu bekämpfen und ihre
Länder griechiſcher Bildung und griechiſchen Anſiedelungen zu er—
öffnen.

Thukydides läßt den Perikles das mythiſche Lob Athens über—
gehen und mit mehr Recht bei anderen Vorzügen der Stadt ver—
weilen. So preiſt er Athen wegen ſeiner Größe, ſeines Reichtums
und des ausgedehnten Handelsverkehrs als Sammelpunkt von
Hellas, wohin alles zuſammenſtrömt, was das In- und Ausland
Wünſchenswertes und Nützliches hervorbringt. Auch der vielen
 
Annotationen