« "„'«Ol»»:. ,:
m i C
LOUIS LEGRAND, TANZUBUNG
TANZSTUDIEN
VON
ANDRE JOLLES
oulin Rouge" war zu Anfang
der neunziger Jahre noch nicht
zu dem riesenhaften Variete-
theater entartet, das es jetzt ist;
es war ein „bal public" und die
Fortsetzung jener vergangenen
.^jjjgf Grösse: der „bal mabille". Eine
Bühne suchte man vergeblich,
dagegen fand man einen vorzüg-
lich geglätteten Tanzboden. Zwar zeigten sich schon
damals in unangenehmer Fülle neugierige Provinzler
und naschhafte Fremde und erschien in ihrem Ge-
folge jene geistlose internationale Demi-monde,
deren einzige Anziehungskraft in einem modiösen
Kostüm und einer geschminkten Fratze besteht und
die im Wesen weder parisisch noch französisch ist.
Die echten Pariser Typen überwogen jedoch und
man konnte dort Grisetten, Lebemänner, Künstler,
Soldaten, Souteneure und Studenten in allen Farben
und Nuancen beobachten. Auf den Estraden sah
man die wunderlichste Mischung von Paaren. Da
war die „grande cocotte" mit dem Dandy, der
Maler mit seinem Modell, der betagte Herr mit der
legion im Knopfloch und einem hageren Mädel
am Arm, der Carabin mit seiner Freundin, ja selbst
Figuren der Boulevards-exterieurs fehlten nicht
ganz. Inmitten des Saales wurde getanzt in Bluse
und Frack, in Abendkleid und Samtjoppe, mit
Schlapphüten, Zylindern und fliegenden Haaren,
leidenschaftlich, gleichgültig, elegant, ungeschickt,
betrunken und nüchtern, getanzt ganze Abende,
lange Nächte.
In den Zwischenpausen zwischen den allge-
meinen Tänzen traten von der Direktion engagierte
208
m i C
LOUIS LEGRAND, TANZUBUNG
TANZSTUDIEN
VON
ANDRE JOLLES
oulin Rouge" war zu Anfang
der neunziger Jahre noch nicht
zu dem riesenhaften Variete-
theater entartet, das es jetzt ist;
es war ein „bal public" und die
Fortsetzung jener vergangenen
.^jjjgf Grösse: der „bal mabille". Eine
Bühne suchte man vergeblich,
dagegen fand man einen vorzüg-
lich geglätteten Tanzboden. Zwar zeigten sich schon
damals in unangenehmer Fülle neugierige Provinzler
und naschhafte Fremde und erschien in ihrem Ge-
folge jene geistlose internationale Demi-monde,
deren einzige Anziehungskraft in einem modiösen
Kostüm und einer geschminkten Fratze besteht und
die im Wesen weder parisisch noch französisch ist.
Die echten Pariser Typen überwogen jedoch und
man konnte dort Grisetten, Lebemänner, Künstler,
Soldaten, Souteneure und Studenten in allen Farben
und Nuancen beobachten. Auf den Estraden sah
man die wunderlichste Mischung von Paaren. Da
war die „grande cocotte" mit dem Dandy, der
Maler mit seinem Modell, der betagte Herr mit der
legion im Knopfloch und einem hageren Mädel
am Arm, der Carabin mit seiner Freundin, ja selbst
Figuren der Boulevards-exterieurs fehlten nicht
ganz. Inmitten des Saales wurde getanzt in Bluse
und Frack, in Abendkleid und Samtjoppe, mit
Schlapphüten, Zylindern und fliegenden Haaren,
leidenschaftlich, gleichgültig, elegant, ungeschickt,
betrunken und nüchtern, getanzt ganze Abende,
lange Nächte.
In den Zwischenpausen zwischen den allge-
meinen Tänzen traten von der Direktion engagierte
208