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Steinbeck, Christoph G. [Bearb.]
Aufrichtig-teutsche Volks-Zeitung: ein nützliches Hand- u. Hausbuch für d. dt. Volk, seine Lehrer u. seine Freunde — 1797 [VD18 90672828]

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Erster Band. Sechstes Stück
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https://doi.org/10.11588/diglit.43230#0051

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zen Kopf und das Geſicht, und bringt
ihm dieſen in die Augen.
ein Schmerzgeſchrei hub das arme Wüurm-
chen an! und wie ſc,limm wurden ihm
darauf die Augen, ſie fingen an zu ſcywä-
ren , und ſo waren ihm in wenig Tagen
beide Sehen ausgeſchworen. Der Mann
trocknete ſein thränennaſſes Auge und mein
Herz ward hekflommen , ſo als ob es ein
eigenes Unglück preßte. Er hand die
Kleine aus dem Tuche, ſie tappte umher ;

denn das Tageslicht war für ſie verſchloſ-

ſen. Ungiückliches Mädchen! ach dich
soll nie Gottes ſchöne Sonne,, nie die

herrliche Natur, nie der Mutter Lächeln,

noch das frohe Vaterauge , dann , wenn
er ſein Kind ſeegnet , nie deiner Schwe-
ſtern ſüße JIugendſpiele erfreuen, und wie
willſt du dich ernähren!

Schätzbare teſer, es iſi dies keine er-
ſonnene, sondern, wahre Geſchichte , es
iſt Thatſache ; und doch wie vieie von euch
werden aus Erfahrung wiſſen, daß Weh-
mütter auf gleiche Weiſe gegen eure Kin-

der handelten, wenigstens ift dies auf dem

Lande allgemeine Sitte, ob die Folgen

gleich nicht iedesmal dieſelben ſind, aber

wer weiß denn wie oft ſie in einer kleinern
Wirkung, oder auf eine andere Weiſe ſind !

Ö daß doch nicht nur aus euren Wochen-
ſtuben, ſondern auch aus dem Zirkel eu-
_ rer größern Kinder dies fürchterliche Ge-
träânk verbannt seyn möchte ! aber wre ſo

mancher Vater odcr Mutter nöthigt ſchon
in der erſten Kindheit den Soha, oder
die Tochtir, ſo [ehr ſich auch die Natur da-
gegen firäubt , daß ſie doch davan koſten
möchten, dies treiben ſie ſo lange , bis

Zach, welch

g

dleſe Kleinen Ceſchmack daran finden , ih-
nen zur Neigung , und zuletzt zum Be-
dürfniß wird. Aber möchret 1hr doch wiß

ſen, welch ein verzehrend Feuer ihr da-

ducch in eurer Kinder Körper legt, es
gleicht der Peſt, die im Finſtern ſchleicht,
die, ohne daß man ihre rövclichen Strei-
che bemerkt, Tauſende mordet. laßt
durch ſachverſtändige und redliche Aerzte
euch belehren, welch eine Zerri tung ihr

dadurch in eurer Kinder Körper binnen.

Vätrr und Mütter, ihre, denen eure

Kinder Gott anvertraute , als ob er ſich

auf eure Uebe ſo verlaſſen hätte, daß ihr
für ihr Beſtes ſorgen würdet, was wollt
ihr antworten , wenn er ſie einſt von eu-
ren Händen fodern wird? Ihr sorgt ia
ſonſt für eurer Kinder Wohl , und ſuche
durch Lebenegüter ſie zu Glücklichen zu
machen, können aber dieſe ie glücklich

werden, wenn ihr ſie zu einem Abgrunne.
führe, in welchen ſie ſich ſtürzen. Habt

ihr nie gesehen, wie ſo mancher Sohn unen
manche Tochrer große Güter von den Eltern

erbten, und doch aus Liebe zu dem Trun-

ke ihr leben an dem Bettel!?ab enden muß-

tent Hat ſich nie euer Inneres gegen

den empört, der auf ſolch eine Weiſe ſei-
ne Vernunft ſich ſelbſt beraubte, utd da-
durch zum Scheuſal ward; hat ie etwas
einen größern Eckel als ſolch ein Elender,
der ſo tief unter ſeine Menſchenwürde ſank,
daß er mehr als das beſſere Thier, wel-
ches nichts, als ſeine Sättigung begehrt,

zu ſich nehm, dann die Natur den UÜeben.

fluß mit Abſcheu von ſich ſtieß, oder wol
gar dies Laſter einen ſolchen Verworfenen
ködtete. Und Eltern, zu ſolchen Elen-

der obige Warnuug herrührt , bitte ich innigſt mir dieß, mit ihrern Gedanken darüber

für die Volkézeitung zu kommuniziren,

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