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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 11-12, Dezember 1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0061

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HeneratfeldmarschaC
von Wackensen.

Am 6. Dezember oollendet Generalfeldmarschall
von Mackensen sein 67. Lebensjahr. Es ist ein
Tag, an welchem wir allen Anlatz haben, dankbar
Ler Fügung zu denken, die uns diesen Mann ge-
schenkt hat und ihn seinen Lebensweg so führte,
datz wir ihn heute als einen der Retter unseres
Vaterlandes feiern dürfen. Jhm ist an der Wiege
nicht von einer grohen militärischen Zukunft ge-
sungen worden. Entstammt er doch nicht einmal
einer jener altpreußischen Familien, in welchen das
Waffenhandwerk sich von Geschlecht zu Geschlecht ver«
erbt. Alle seine Vorfahren, auch sein Vater, waren
praktische Landwirte. Jn August Mackensen freilich
lebte von früher Jugend die Sehnsucht nach dem
Soldatenberus, und von Anfang schwebte ihm das
Bild eines Husaren im schwarzen Rock der Toten-
kopfhusaren, des 2. Leibhusarcnregiments, "als Jdeal
vor, das allerdings lange unrrreichbar schien. Er
wurde für den landwirtschaftlichen Beruf bestimmt,
nur sein Dienstjahr wcnigstens wollle und durfte
er bei dem Regiment seines Herzens abdienen.
Während dieseS Jahres kam der Krieg 1870/71
und brachte ihm die ersten militärischen Ersolge
und Ehren. Aber mit dem Ende des Krieges kehrte
rr zu seinem landwirtschaftlichen Studium zurück;
Friedenssoldat zu sein, so meinte der Vater, werde
ihn nach seinen kriegerischen Erlebnissen nicht mehr
befriedigen. Zwei Jahre später indessen erhielt er
doch die väterliche Einwilligung und trat als ak-
tiver Leutnant wieder in sein Rrgiment ein, dem
er seitdem mit nur kurzen Unterbrechungen in irgend
einer Form angehörte. Seine Laufbahn war rasch
und glänzend. Nach mehrfachen Dienstleistungen
bei andern Truppenteilen und im Grotzen General-
stab wurde er bereits 1893 als Major Kommandeur
seines Regiments. 1897 wurde er Oberst, 1898
Flügeladjutant, 1899, nachdem ihm der erbliche
Adel verliehen war, General. 1901 Kommandeur
der Leibhusarenbrigade, 1903 Kommandeur drr
36. Divifion, 1903 kommandierender General des
17. Ärmeekorps.

Die Tätigkeit Mackensens als .Friedenssoldat'
zu würdigen, kommt dem ferne stehenden nicht
zu. Aber eineS mutz auch hier hervorgehoben
werden: wäre er nur der gewissenhafte und
eifrige Kommandeur gewesen, nur der um sein

Rrgiment besorgte .Vatrr der Leibhusaren', so
wäre sein Name heute kaum in aller Munde.
Anderes kam hinzu: eben so cifrig und ausdau-
ernd wie im aktiven Dienst war er am Stu-
diertisch. Er fand flicht nur Kraft und Zeit,
als Leutnant eine mustergültige Geschichte semes
Regiments zu schreiben, sondern betrieb auch dauernd
die eindringlichsten Stüdien der Kriegsgeschichte, die er
selbst als wertvollste Lehrmeisterin des Offiziers be-
zeichnet; durch sie reiste auch er zum Strategen.

Seine Taten im Weltkrieg sind bekannt genug.
Als Führer des ihm unterstellten Korps hatte er
ruhmvollen Anteil an den Kämpfen bei Tannen-
berg, als Führer der 9. Armee an den Kämpfen
in Polen im Winter 1914/15. Aber das war
nur ein Vorfpiel. Am 1. Mai 1915 erst ging die
Sonne seines Frldhcrrnruhmes in vollem Glanze auf.
Es ist uns gegenwärtig, als sei es gestern erst ge-
schehen, wie die Welt aufhorchte, als er in wenigen
Stunden die ruffische Mauer zerbrach, um dann in
einem ununterbrochenen Siegeslauf Galizien und,
mit Hindenburg zusammen, Polen zu befreien.
Zum Dank ward ihm am 22. Juni der Rang eines
Generalfeldwarschalls verliehen. Wenige Monate
später flog aufs neue Kunde von ihm durch die
Welt, als er in raschem Ansturm Serbien bezwang,
den Bulgaren die Hand reichte und so den Weg
, nach dem Orient öffnete. Und in den letzten Wo-
chen sahen wir, wie er wiederum ausholte zum
Schlag und unscrem jüngsten Gegner den Weg
zum Meere abschnürte. Fürwahr große Taten,
die seinem Namen in der Kriegsgeschichte dauernd
einen der ersten Plätze sichern l Und wie ist drr
Mann, der dies allcs vollbrachte, als Mensch?
Unsere Gegner gefallen stch darin, ihn ols blut-
dürstigen Gewaltmenschen hinzustellen. Lassen wir
den Geschlagenen dies billige Vergnügenl Ganz
anders ist das Bild, das alle die von ihm ent-
werfen, die ihm im Leben nahetraten. Und wie
anders klingt es, wenn er vor dem Durchbruch
in Galizien seiner Gattin schreibt: .Wieoiel Todes-
urteile enthält mein Befehl zum Angriffl Dieser
Gedanke ist es, der mich vor jedem Gefecht be-
drückt l . . . Wie mancher von den kräftigen,
frischen Iünglingen, die gestern und heute an mir
nach der Front hin vorübermarschierten, wird in
wenigea Tagen auf dem Schlachtfelde liegen. zur
ewigen Ruhe gebettet oder in das Lazarett gebracht
werden. Manches oon den leuchtenden Augenpaaren.
in daS ich schauen konnte, wird bald gebrochen sein.

mancher Mund, der mit unseren herrlichen Soldaten-
liedern auf den Lippen fröhlich an meinem Fenster
vorbeimarschierte, wiro verstummen. Das ist die
Kehrseite der Führerstellungl'

Wir Deutsche lieben es, wenn unseren Helden
auch die weichen Züge nicht fehlen; wir wissen,
datz weiches EmpfindcnHV krästvolleS Wollen
wohl neben einander stehen, und glauben, datz auch
im einzelnen Menschen sich Stärke und Milde paaren
müssen, damit er hinaufwachse zu wahrer Grötze.
Auch an Mackensens Bild würden wir unersetzliches
vermiffen, wenn es nicht auch solche weichen Züge
aufwiese. So aber tritt uns der grotze Kricgs-
mann auch menschlich nahe, und mit um so freu-
digerem Herzen bringen wir ihm zum GeburtStag
unsere Glückwünsche. Möge er, der Zahl der Jahre
zum Trotz, in immer noch jugendlicher Frische den
schweren Kampf zu Ende führen und auch noch
in langen späteren Friedensjahren mitwirken an
dem Weiterbau unserer Wehrkraft.

K. Helm (Gietzen).

Nrtauö.

Von Reservist L. Th. Reubelt, z. Z. Frankfurt a. M.

(Vom IV. Preisausschreibeu.)

Morgen konnte er in Urlaub fahren, der Pionier
Hans Heinrich. Hier stand es auf dem Zettel, den
er froh betrachtete und dann schwenkend einem
Kameraden entgegenhielt. .Ernstl auf ganze drei
Wochen, heidil Wie ich mich freuel'

Es war ein Freuen biS in die Fingerspitzen.
Ganz wird man aber erst in dies jubelnde Herz
hineinschauen können, wcnn man weitz, was diesen
einfachen lieben Menschen bewegte.

Am Ende jenes letzten MaimonateS vor dem
grotzen, nun längst zum Weltkrieg ausgewachsenen
Ringen hatte er stch mit seiner Gertraute oerhei-
ratet, einem sanften Dunkelblondkopf, den er schon
seit der Schulzeit kannte und liebte, und die ihm
dann in die Welt, in die Fremde gefolgt war.

Der folgende Juni und Juli war den Beiden
Glück und Wonne. Aber Ende Juli stiegen dunkle
Wolken herauf und ballten sich zu jenem fürchter-
lichen Weltenwettrr. Die ersten Entlodungen er-
folgten schon in den Aufangstagen deS August nach
unhrimlicher Spannung.
 
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