Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

DOI Kapitel:
Hefte 15-16, Februar 1917
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0085

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kaiser MthLtm II.

(Zum 58. Geburtsiag.)

Zum dritt-n Mal Kriegsgrburtstag des Kaisers
und zum dritten Male an solchem Tage empfindet
tiefer als je Volk und Heer, daß der Mann, der
oberster Kriegsherr ist, mehr ist als Kriegs-
herr nur: Führer seines Volkes. Dessen
Friedenswort, voll sittlichen Ernstes, voll heiligen
Verantwortungsgefühls, in eine Welt erscholl, der
sitllicher Ernst und Verantwortung fehlte, es zu
hören; dessen neuer Kampfesruf im Ltreit um
Sein und Nichtsein unseies Volkes den Widerhall
hat im Herzen jedes Demschen; der Sprecher
seines Volkes ist wie sein Herzog im Kriege.

Nicht starr und fern sieht das Volk seinen
Kriegsherrn als Sinnbild nur seines Volkstums,
seiner Staatlichkeit. Es verchrt ihn als den schicksal-
bestimmien Mann, der sein Amt erfüllt mit der
Triebkiast seines Willens. So hat >hn, längst vor
den Tagen des Krieges, der Gesch'chtsschreiber ge-
fart, dessen Werk aus der Vergangenheit uns den
Sinn der Gegenwart verstehen lehrte, Karl Lam-
precht. Jn seinem Worie sei heute die Gestalt des
Kriegsherrn uns vergegenwärtigt:

Darüber, dah der Kaiser inbesonderem Maße
begabl ist, ist man einig; nicht minder darüber,
daß er in hohem Grade die Neigung besttzt. semer
besonderen Auffassung Grltung zu verschafsin. Kein
Geringerer als Fürst Bismarck hat von ihm »as
prophetische Wort gesprochen, dah er einmal sein
eigner Kanzler sein werde. Aber auch darüber,
dah er in vielen Dingen tatsächlich leitet, bestchl Ueber-
einstimmung. Ec wendet die Kräfie, d e lhin das
allgemeinen Grün:en verdankte S-eigen der mo-
narchisren Gewalt von Tag zu Tag reichlich zu-
wachsen läht, >n nicht minder reichlichem Sinne
zur Betonung eben seiner Auffassung an, und er
besitzt daneben eine auherordentliche, rem p.rsön-
liche Gewalt über Gedanken und Sinne seiner Um-
gcbung; wer heute Minister hört, wird immer
«ieder erstaunt se>n, bis zu welchem Grade sie
nichls wiedergeben als Auffassungen des Kaisers;
und wer jemals Gegner des Kaisers aus p-rsön-
lichen Unterrenungen mit diescm scheiden sah, wird
sich nicht minder oerwundert haben, bis zu wel-
chem Grade sie. wenigstens während einer noch
unmittelbaren Nachwirkung der kaiserlichen Worte,

unter dem Zauber der Persönlichkeit des Herrschers
standen.

Der Kaiser ist nicht der Mann von Mah-
regeln, die den Tag dem Tage verknüpfen. »Es
ist mein Grundsatz.' hat er im Jahre 1899 ein-
mal gesagt, .überall, wo .ich kann. neue Punkte zu
finden, an denen wir einsctzen können, an denen
in spätercn Zciten unsere Kinder und Enkel sich
ausbauen und das zu nutze machen können, was
wir ihnen erworben haben ' Und schon im De
zember 1890 rühmte er von dem Grohen Kur-
fürsten, dem Flottengründer und Kolonisator, .Er
trieb Poluik iw grohen Stile, weitausschauend, wie
man sie jetzt treibt.'

Mit dieser Grundanlage hängt ein Zug zu-
sammen, der unter allen, die sich bei eingehender
L-klüre der Neden des Kaisers aus der gesamten
Zeit seiner Regierung aufdrängcn, am en>schei-
dendsten hervorsticht: eine auherordintliche Zähig-
keit im Festhalten allgememster politischer Ziele.
Vor allem auf den Gebieien der Kulturpolitik tritt
sie deurlich heroor. So uber auch auf den ^ebieten,
wo selbst allgemeine Anschauungen dem Schwanken
leicht ausgeictzl siin können, wie auf dem Felde
der äuheren Politik; man erinnere stch hi.r nur der
Unermüdlichkeit, mit der der Kaiser für die Ver-
aröheiung der Marine als eines Jnftrnmentes der
Weltpolitik. eingetreicn ist. Es ist eine Selbslstcherheit
und Festigkeit der oberstcn Ziele, die genaueren
Bcobactitern schon früh als eines der en scheidenden
Kennzeichen der kaiserlichen Persönlichkeit ausgefällen
ist: schon ii> jungen Jahren war d r Prinz, auch in
sckwierigsten Fragen, er selber.

Ein stetrg lebendiger Wille wirkt sich in tausend
liebenswürdigen Einzelzügen aus und gestattet dem
Herrscher jenen häufigen Ortswechsel, der ihn in
grohen Teilen des Reiches gleicksam ständig heimisch
macht: mit nicht zu unterlchätzenden Wirkungen
für die Jdee des Kaisertums überhaupt. Denn drr
Deutsche will seinen Herrscher tätig schauen von
Angestcbt zu Angesicht: keiner unserer grohen Kaiser
des Miitelaliers, der nicht rin groher Reiser ge-
wescn wäre; keiner der wirklich bedeutenden hohen
zollernschcn A^nen, der nicht ein gut Teil seiner
Herrscherzeit im Sattel oder im Wagen zugebracht
hätte Aus dem auherordentlichen Reichtum an
Assoziationen aber erflieht dann dem Kaiser die
schicksalsreiche Gabe deS begeisterten Redners wie
der Zauber und die Anmut der Unterhalrung.

l Jm ganzen erscheint das Charakterbild nach
all diesen Richtungen hin einfach: ein ideenreicher,
lebhaft angeregter und anregender, impulsio wir-
kender und doch hohen Zielen mit zäher Ausdauer
zugewandter Monarch.

Jn ihrer historischen Fundamentierung aber ist
die Persönlichkeit des Kaisers vor allem hohen-
zollerilch: nichts geht ihm über die hohen Traditionen
seines Hauses un» seines Geschlechtes. Man weih,
wie er die Grohen unier seinen Ahnen verehrt;
aber auch die Gesamtreihe ist ihm mehr als nur
lieb und teuer.

Jn einem so ausgeprägten Familiensinne. in
dieser Dankbarkeit, in dieser Verehrung gegenüber
den Ahnen, in diesec besonderen, gleichsam natür-
lichen Frömmigkeit vor allem wurzelt des KaiserS
Herz.

Und haben die staatsrechtlichen Anschauungen
des Kaisers etwa ein anderes Fundament? Jm
Grunde gehen ste zurück auf die Jdee der alt-
germanischenGefolgschast, der Treue und des
Gehorsams dcs Dolkes. dcr Hold und der Führer-
pflicht des Herrschers. Beide Volk und Fürst. ge-
hören eng zusammen, und keines kann best-hen
ohne das andere. .So we ich als Karser und
Herrscher mein ganzes Tun und Trachten für das
Vaterland hingebe.' ruft W'lhelm ll. seinen Sol-
daten gelegentlich einer Rekruienvereidigung zu, .so
habt ihr die Veipflichtung, euer ganzes Lebrn für
mich hinzugeben.'

Deine Sorge.*)

Es war doch herrlich, als Jhr blumengeschmückt
auszogt aus der Heimat. Um Euch flatternde
Fahnen, winkende Menschcn, fröhli'e Lieder. Und
mit den Klängen unserer herrlichen Lieder ging es
hinein in Feindesland:

Haltet aus, haltet aus, lasset hoch das Banner

wehn;

Zeiget ihm, zeigt dem Feind, wie wir treu

zusammenstehn;

Dah sich unsre alte Kraft erprobt,

Wenn der Schlachiruf uns enigegentobt;

Haliet aus, hallet aus im Sturmgebrausl

*) Aur .KriegSverioundet', ein Wort an uuserr
Kriegrdeschsdi^ten, Vcn Prof. Lr. Sellmann, Hage»,
Berlag „Eckart'h Witien.
 
Annotationen