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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 27-28, August 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0157

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KÜronik.

18. J««i. Zm M-i habm unsen U-B«ote S69lXX)
Tonnen femdlicher Handelsschiffe versmkt. Tamit find seit
Beginn de» uneingeschrLntten U-Boot-KriegeS inSgesamt
36559V0 Tonnen vernichtet. ES bleiben der feindlichen
HaudelSschiffahrt also «inschliehlich Neubautea von 296060
Lonnen, nach Lloyd Neorge neuerdings 300 000 Tounen
monatlich, noch 8 Miyionen Tonnea übrig.

LS. J««i. NiedersLchfische Regimenter «eh«en -m
Ehemin-des-DameS eiaen Teil der sranzbstschm Stellungen.

2». Ju«i. Der britische Dampfer .Mongolia' (9505
Tonnm) lLuft in der NLHe von Bombah in Judien auf
riae deutsche Mine und finkt.

SO. J»«t. Die Ruffen erSffnm eine große Offenfive
in der Richtung auf Lemberg.

I. Juli. KrLftige Angriffe rusiischer Znfanterie auf
einer Front von «twa 30 Kilometer.

8. Juli. Zwischen der oberen Etrypa und dem Ost-
nfer der Narajowka schwere KLmpse. in denen wir die
rusiischen Kturmtruppen zurückschlagen.

6. Juli. Zn Ostgalizien ist die Echlacht zwischen
Zboran und Koninchy und bei Brzezany neu mtbrannt.

7. Jttli. Arußerst blutige Niederlage der Rusien.
Eins unjerer Fliegergeschwader greist London an.

8. Juli. Aa der Strahe Kalusz—Etanislau greifen
die Ruffen von nmem an; ihre KrLste werden dnrch Segen-
stoß zum Etehen grbracht.

II. Juli. Dnrch Erlatz des Kaisers wird sür Preußen das
allgemeine gleiche Wahlrecht tReichstagswahlrecht) verheißm.

Marineinfanterie stürmt dic feindlichm Vcrteidigungs-
anlagen au der belgischen Küste. Der Feiud wird über die
Dser zurückgeworfm. 130» Engländer gefangeu.

14. Juli. Der ReichSkanzler Bethmann-Hollweg tritt
zurück; Dr. MichaeliS, der die Eicherstellung dcr Volkser-
»Lhmng i» Preußen geleitet, wird Reichskanzler.

19. Juli. Eine deutsche Offenfive aus der Richtung
Lemberg gegen Tarnopol durchbricht die gesamten rusiischen
Reihm. Der Feind muß auf breiter Froat weichm. Wir
verfolgen, indem wir biSher uoch besetzteS SsterreichischeS
Land besreim-

22» Jult» Zm Juni haben unsere U-Boote 1016000
Tonnen scindlicher Haudelsschiffe versenkt, seit Beginu des
verschLrften U-Boot-KriegeS also 4 671000 Tonnen. Es
bleibe» der feindlichen Handelsschiffahrt noch 7 Millionen
Lonnen Sbrig.

Keimat, o Keimat!

Doa Unterosfizier Rich. Krah, Frankfurt a. M.

Drunten im Tale brauten schon die Abend-
nebel. Ein erfrifchender würziger Hauch wehte von
den Bergen. die ihre alten tannenbestandrnen HSupter
trotzig und ungebeugt in die glutrot im Osten
scheidende Sonne streckten. Borwitzig eilten ein
paar Wölklein am rosigen Himmel eatlang, al«

hätten st« heute noch wichtiges zu tun. Drüben
von der Halde llang melodisch die Schalmei deS
Hirtenknaben vom Dorfe. Langgezogen schwebten
die zarten Töne über die Wiesen und Felder, übrr
die Wohnstütten der Menschen, um sich dann an der
jenseitigen Bergwand zu brechen und inS All zu ver-
fließen. AlleS atmete Ruhe und tirfsten Frieden....,
den goldenen Abendfrieden. den jrdeS heiße und
schwere Tagwerk bringt.

Peter Olen, oder wie er gewöhnlich im Dorfe
gerufen wurde, der junge Olenbauer, hatte die Axt
auS der Hand gelegt und seine wächtige, kernige
Bauerngestalt dehnte sich in wohlverdienter Ruhe
auf den paar JuogstSmwen. die er vor Jahren
einmal zu einer .Aurruh- zufammengefügt hatte.
Er war hoch hinaufgestiegen heute, um droben ein
paar alte ttiorrige Eichen und einige stSmmige
Buchen zu fällen. Wie war ihm früher dieser
Weg so leicht gewesen, wie froh war er. ein Kind
de« WaldeS durch und durch, in diesen herrlichea
uralten BestSnden geftreift. Aber heute, fast schwer
war eS ihm geworden. Zwischen sich und seinen
Wcld hatte stch etwaS Fremdes, FurchtbareS ge-
stellt: der Krieg. Der weite Waldesdom, er erhob
ihn heute nicht wie einst, hinweg über Menschen und
Zeit, er bedrückte ihn fast. Allzulange hatte er
schon den starken Nacken in duwpfeu, feuchten Erd-
löchern beugen müssen.

Peter war einer der angesehensten Bauern des
Dorses. Von seinem Vater hatte er einrn kleinen
Hof geerbt und durch unermüdlichen Fleiß und Um-
sicht sich allmühlich zu Wohlstand und Reichtum
emporgearbeitet. Nicht nur fein geradeS und grund-
ehrlicheS Wesen hatten ihm im Sturm die Herzen
der Alten und der Jungen erobert. sondern noch
viel wehr seine zwar etwas derbe. aber nie ver-
stegende überquellende Fröhlichkeit und seia köstlicher
Humor. Bls er in die Jahre kam, hatte er geheiratet,
seine Hanne, seine blonde Hanne mtt den tiefblauen
Augen, den feingrschnittenen Lippen und dem kleinen
StumpfvSSchen. Und wie liebten ste stch! Und als
rines TageS die atte Rieken, die Wehmutter deS
DorfeS, ihm nach bangen Stunden deS WartenS
sagte: .Peter. du hast einen Stammhattrr.' da
waren ihm vor lauter Freude die Tränen die Backen
heruntergelaufrn. TagSüber stand er nun auf dem
Felde oder schaffte imWalde undfteute und sehnte stch
nach der Stunde, wo er abendS rinen kleinen
schreienden und strampelnden Bubeo auf den Knien
halten konnte. Ueber sein Dorf kam er kaum hin-

auS; er hatte sein Glück ja so nahe, waS brauchte
er in die Wrlt. Da kam der Krieg. Ehe er flch
recht bewußt, waS dieS zu bedeutrn hatte, mußte
er fort, fort oon Weib und Kind, von seinem stil-
len, reichen Glück. . . . Krine Träne hatte er beim
Abschied geweint, aber um feinen Mund hatte eS
ihm «inen tiefen herbea Zug gegrabeu. Wochen
und Nonate vergingen. während deren er draußen
treu seive harte Pflicht tat. Biele Menschen lernte
er kennen, und eS kam ihm fast seltsam vor, daß
er fich mit dieftn allen trotz tausenderlei Berschie-
deoheiten einS fühlte, einS in dem einen Gedanken
eineS gemeinsamen BaterlandeS, emer gleichen
Scholle, die alle einte, eineS heiligen BandeS, daS
alle fest zusammenschloß zu einem gewattigen großen
Ganzen. Diese Menschen alle sprachen seine Sprache.
dachten seine Sedanken, fühlten mit seinem Herzen.
Diesen Menschen allen hatte der eine Zorn daS
Schwert in die arbeitSschwielige Faust gedrückt, der
Zorn gegen die, die sich erkühnten, deutscheS Laad
und deutschen Fleiß anzutasten und stch untertan
zu machen. Peter dachte viel nach in dieftn Zei-
ten und manches wurde ihm klar, waS er ftüher,
wenn einmal der Pfarrer in der Kftche darüber
sprach, nie so recht verstanden hatte. Er sah Men-
fchen, die auftecht wft er ihrrn Weg durchS Lrben
gingen, und er lernte andere oerstehen. die ihr Le-
ben wie eine Last schleppten. . . . Und dana war
er heimgekommen. Auf ein paar Tage bloß.

Und nun saß er da und lauschft den Stimmen
deS scheidenden TageS. Jmmer höher hinauf stirgen
die Nebel der Nacht und mit diesen Nebetti zogen
andere Bilder vor seiner Seele auf. Bilder längst
entschwundener Tage, Bilder auS seliger, glücklicher
Jugrndzeit. Er sah fich wieder alS kleinen wilden
Jungen tollen und springen, er sah den herauge-
reiften jungen Mann, wie der manchmal sehnsüchtig
und daS Herz voll nie grkanater Gefühle nach
emrm kleinen HSuSchen am Dorfeingaug sah. Er
durchlebte die Tage wiedrr, wo der alft Bater die
lieben Augen für immer schloß und wo er Hrrr
deS OleuhofeS gewordm. Und dann kamen die
Jahre der Arbeit und der Sorgr, aber auch die
Jahre deS WohlstandeS und deS wachsendrn GlückeS.
Heimat und HauS. wie wurden ste ihm lieb und
wie innig war er mtt ihnrn verwachsen. Doch da
zog auch die Srinnerung an den Tag herauf, «»
einer ihm fein herrlicheS Glück ueiden wollte. Uad
nicht nur ihm, nein Lausenden und MMonen im
wetten Baterlande. Und andere Bilder kamen.
 
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