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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 55-56, Oktober 1918
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0331

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Khronik.

Srit hrr Abfasjung unserer letzten Ehronit haben fich
Drbßt« weltgelchichtlsche Ercigaisse vorbereitet. Bulgariea
glenitr bem mSchtigen Anstürmen der Ententeheere »icht
»etzr Stond halte» zu können, uud sein MinisterprSfident
Malinoff bat «m eiuen Wasfenstillstand. DadNrch, dah
Lnlgarie» «n» dem Block der MittelmLchte ausschied, war
eine setz» «rnste Lage geschasf u wordeu. BesonderS sür die
Lstrkei, die durch die vernichteuden EchlLgr ter EnglLnder
»tzuehi» setzr geschwLcht war. maßte dieser Echritt Bul-
garient »o» weitgehendfter Bedeutuüg sei». So wirkte»
dies« str tzat deuttche Bolk unvorheegesehene» Sußeren Er»
eig»iGe i» besttmmeudem Matze ant. die innere» BerhLlt-
»ifse DentschlandS, die stch tchoü seit lLngerem i» einer
Krts» besa»de», eiaer vollftSndigen Reuordnung zu unter-
ziehe». Sind wir i» der Form det> alte» ObrigkeitS»
staate» i» den tkrieg eingetreten, so wird Deutschland,
wie immer der Ausgang des Krieges fei» mag. als Bolks»
staat »»> dem Kriege hervorgehc». Als 8rat Hrrtling
do» sei»em Plotz« schied. um jünoerer stroft Ranm zu
lafseu, richtete ter Kaiser an ih« einen Erlatz, in dem iS

Ich witnsche, datz das deatsche Bolk wsrksame« alS
bistzer au der Bestimmuug der Keschicke d'S Bater-
la»tzes mitarbeite Es ist daher mein Will«, datz MLn-
»e», tzie vom Bertrauea des BolkeS getrage» stnd, ia
weite« Ilmfonge teiluehme» aa de» Rechte» »ud
Hstichlen der Regierong.

Di» «eue BölkSregie'ung. die zum erstea Male im
Deutsche» Reich ei» Reichskabinett bildei, daS stch a«8
Paelamentarier» zusamminsetzt, ist gebildet auS de» Par»
trie» deS ZentrumS, der Eoiiuldemotratie» der Fortschritt-
liche» BolkSpartei und drr Natiouqlliberalen. A» die Epitz«
d«S Kabinetts ist der Tdronfolg-r von Baeen, Prinz Max,
getrrte», tzer schoa srüher durch sein Eintrete» sür die Er-
weiteiuug der Bolksrechie üad sür den BerstLndiguugs-
friede» stch alS Führerversöulichkeit gezeigt hat. Zum
»rste» Nal« nehmen Sozialdemokratea ia leitendr» Etelle»
an der Regiernng teil, Echeidemann alS EtaatssekretSr
»h»e Portefeutü«, Dr. David al- UnterstaatssekretLr des
Answä tige»; »or alle» Dinge» ist auch die Ausgekaltung
der fozialea Gesetzgebung und der lledergangswirtschast in
tzie HSntze voa Eozialdemokratea gelegt worde». Die nenk
Regier»»a bet-achlet es, dari» in völl grr llebereinstimmnng
mit der vbersten Heere»leitung, als ihre rrfte Ausgabe. den
Friede» durchzuführe» Sie hat fich in diesem 8i»n« a« ü. Ok»
iiost«» a» PrLfidente» WilIon gewaudt mte derBitte. die Her-
stell»»g tze» FrredeuS i» die HLaoe zu nehwea und eine» Waffrn»
stillstantz fosort herbeizusühreu Bei diisem Augebot stellte
fich die Regierung auf de» Bode» der vom PrLfidrnteu
Wilso» i» seiaen früherea Redr» dargelegtea 14 Punkte
z» ei»e» »llea Krikg'ühreade» gerrcht werd-ude» BerstSn-
tztgnngssriedea lleder di,se» Friidensangrdot stndea di«
8ertz«»tz mrgen zwischen dea Regieruage» i» der Form
«i»rs »G »e» NotenwechselS statt, dere» Ergeb»iS stch zur
Zeit »och »icht absehea lLßt.

Me andere UMcht.

Der Grund, der mich veranlatzt, hier einigeS
über KriegSanleihe zu schrriben, ift ein Ge präch,
daS ich mitangehört habe. Sin GesprSch zwischen
zwei Feldgrauen und einem Zioilisten, deflen schwie-
lige, harte HSnde den Mann der Arbeit verrieten.
Drei prLchtige Menschen auS uuserem Front- nnd
Heimatherr. KriegSaaleihe war daS Thema; i»
uusere« jetzigen Tagen ke n Wunder.

.Man will ünS bemuttern «nd hült unS überall
Vorträgr über KriegSanleihe^, fagte der «ine Krieger.
Der zweitr sprach: .Ich kümmere mich überhaupt
nicht um KriegSanleihe*. .Und ich', weinte der
Z vilist, .verlüvgere uicht denKrieg dmch mein Seld^.

Drei Anscbauungen und alle drei falsch. FalschrS
Selbstbewubtsein, Behaglichkeit, unricht'ge Schluß-
folgrrungen find die AuSgangSpunkte zu diesen in der
jetzigen ernsten Zeit sündhaften Anschauungrn.

,Man will unS bemuttern^. Kamerad,
ich sah eS dir an. ich wußte, waS in dir vorging.
Du hast Selbstündigkeit, Entschlofl nheit im GaS-
und Pulverdawpf bewahrt. hast dem Tod unzühligr»
rqal inS Auge geschout, wit ihm gerungen, wie daS
Blutobzeiche« an deiner Brust erzühlt. DaS find
Ereignifle, die an einem Charakter nicht ohne Eiq?
flutz vorüber grhen. Da wird man ein ganzer
Mann, fühlt fich selbstückdiger im Denken und Han-
deln und bildet fich selbst sein Urtefl. Kaun dirseS
aber immer richtig sein S Bedenke. wrnn du draußen
an der Front »eine ganze Kraft einlrtzt, wenn du
ganz in deivrm Dienst aufgehst, dann mub dir
vieleS, waS in der Heimat vorgeht, unklar bleiben
und entfüllt deinem rechtea Nrtrll. Die Vortrüge, die
du hörst, dienen nicht der Bemutteruug — nein —
fle dieurn zu drinrr Ausklürung. Sie folle« dir
den Weg zu deinem Borte l zeigen. Biele find
durch den Krieg mehr alS je auf fich seldst ange-
wiesrn. 8S tauchen Frogen auf, die im Frieden
eine ruhige. behagliche E'ledigung gefunden hütten.
S8 ist dir G-ld zug floflea dmch Srbschast oder
sonflige glückliche Umstüade. Nicht in unficher fun-
dierte Unternehmungen darsst du dein Geld anlegen.
Die KriegSanleihe zeigt dir den richtigrn Weg. Bei
gutem ZinS le'stet dein Geld auch noch drm Vaier-
land einen Dienft. AlS Sichei heit hastrt dir daS
gavze, müchtige Deutschland für deine Einlage«.
Höre drShalb mit Jnterefle die Bortrüge an uud
d« wirst scho« zur Eiuficht kommen.

.Jch bekümmere mich nicht wm KriegS-
anleihe'. Meinst du» eS würe genug damtt ge»
tan, wenn du todeSmutig deine Pflicht erfüllst.
wenn du mit starkem Arm bei der Abwehr deine«
Mann stellst S Noch länge nicht. SS gibt noch au«
dere Pflichten. Wenn du auch selbst nicht in d«
Lage bist, KriegSanleihe zu zeichvrn. fo mutzt d«
aufklürend bei deinen Kameraden wirken, Boreinge-
vommenhetten besettigen, ihnen beweisen, daß auch
der Soldat ein Jnterefle an einem großen Zrichen»
ergehni« hat. Ss ist auch drine Pfllcht, Elteru «ud
Freunde, die über Gel» versügen. zu belehren «ud
ste zum Zeichnrn veranlaffen. Tust du daS, ss
erweist du deinrm Baterlaad — ohne felbst Srld
zu geben — einen unschätzbme« Dievst. AuS Br-
haglichkett darf niemand sagen: .Jch kümmrre mich
nicht um KriegSanleche'.

.KriegSanleihe verlüngert de« Srirg.'
Sin Schlagwort für BöSwillige «ud Nichtdenkend«.
Lttbrr Freund, du grhörst zu diesen, die nicht denke«.
die daS Sehörte gewifleuloS wettersagen. Jm Denke»
liegt die Macht. Vortell und Schaden hüngt heute
mebr denn jr davon ab. Mache d« «ur eiumal
recht klar — das Seld, welcheS Deutschland b»S
zu einem ehreuvollen BerstüadiguagSsrttden braucht,
ist von dem ReichStag fast rinmMia genehwigt wor»
den. Seschloffea stiwmten die MehiheitSparteie»
dafür. alle jrne berufeue» Bertrrter deS deutschru
VolkeS, welche im Juli vorigrn JahreS für de«
Berstündigungsftieden eintraten und setther uner»
müdiich an der Berwirklichung ihrrS ProgrammeS
arbeitrn. Glaubst du. diese Müuner würdra Geld
bewilligea, wen« mtt dttsem Seld der Krieg oer-
lünger» werden sollte. DaS Seld, daS dtt neuntr
KriegSavleihe sordert. soll eine« ehrenvollea Frirdea
herbrischaffea. Zu eiaem folchen Frieien ist Sell»
vötig. Gibst du «S nicht, so dtttieren unS die feiud»
lichea Machthaber einea Friedea. Wie würde ei«
solch diMerttr Frttde auSsehra? Brdarf «S Worte.
rinea solchen zu schlldera. Wtt spürea cha alle,
wevn wir die Reden der feindlichea StaatSmüuuer
lefen. Ein Beispiel der Gewal'politik hat die Be-
handlung der FriedenSnote BurianS grzeigt. Srei-
frn w>r unS Clemeneeau herauS. Ueder dke Köpft
drS französtsche« BolkeS hivwrg. ohne drfle« Willea
zu berückstchtigeo, daS mtt gleichem Sehnett den
Friedeu herbeiwüa'cht. hat er jede Annüheruag z«
einrm Friedr» abgelrhnt. An dttsem Beispiel kava
man ermiflr», waS wir von dttser Sorte Macht-
haber zu erwmttea hütttn, weaa wtt ««» eine»

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