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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 31-32, Oktober 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0188

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Iur 7. Kriegsanteihe.

DcrS Ringen um Deutschlands Zukunft, um
unseres Volkes Bestand, Freiheit und Aufstieg,
mutz nach dem Willen verbissener Feinde weiter-
gehen. So lange noch, bis auch verblendeten Augen
endlich offenbar wird, datz allen Anstürmen, Kriegs-
beschwerden und Gelderfordermsfen unbeugsam stand-
zuhalten das drutsche Volk bereit und fähig ist.

Die heraussordernden Zweifelin unsere hnmische
Unerschütterlichkeit sind es. und sie sind es ganz
allein, die den Krieg verlängern. Ja mit einem
Aufflammen unerbittlicher feindlicher Vernichtungs-
wüt, mit teurem Blut und Gut. wit einer Gefähr-
dung des opfervoll hisher Erreichten hätten wir
es alle schmerzlich und unersetzbar zu bützen, wenn
wir jctzt in der geldwirtschastlichen Kraftanfpan-
nung glaubten nachlasfen zu dürfen,

Je widerstandsfähiger abcrwir des Reiches Geld-
wescn erhalten, um so stärkeren Widerhall wird
deremst das deutsche Wort bei den Friedensver-
handlungen wecken, um fo rascher werden wir in
der Zeit stiedlichen Wiederaufbaues den deutschen
Gcldwert im Ausland auf seine alte Höhe bringen
— zu unser aller Vorteil.

Das Deutsche Reich ' bietet Gewähr für die
Sicherhrit eurer unentziehbaren Ansprüche mit
allen Bermögenswerten, mit dem Einkommen und
allen schaffenden Kräften der Gesamtheit seincr
Bürger. Und wachtvoll wre durch drei lange Jahre
hmdurch wird auch fernerhin zu Wasser und zu
Land die Abwehr und Schwächung der Feinde
sein. Hinzutreten mutz aber als mitkämpfende
Streitmacht das lückenlose Aufgebot aller freieri
Gelder.

So ergeht in schicksalschwerer Zeit'an die sämt-
lichen Volksgenossen mit grohem, klemem und kleinstem
Geldbesitz in Stadt und Lund der Rus des fchuld-
los bedrohten Vaterlandes:

Helft mit eurem Gelde zu einem neuen stolzen,
achtunggebietenden Zeichnungserfolg, zu einem
ehernen Kraftbeweis, der uns dem ehrenvollen
Frieden näherbringtl

Zeichnet die 7. Kriegsanlerhe!

Die Affensive des Heldes.

Eine großr Herbstoffensivr ist im Gange, zu einem
gcwaltigen Stotz wird ausgeholt, der unsece Feinde
belehren soll, datz ihre Rechnung auch diesmal falsch
ist. Es gilt nicht nur die Stellung zu halten, die
Feinde müssen vielmrhr überrannt und vernichtend
geschlagen werden. An drr Offensive muß sich jeder
beteiligen, keiner darf zurückbleiben.

Drautzen im Felde hietz rs manchmal vor einem
grotzrn Werke .Freiwillige vor^. Nie ist dieser Ruf
ungrhört verhallt und wird auch bei unserer Offenstve
nicht vergebens erklingen, so lange' ein deutfches
Herz noch schlägt. .Freiwillige vor^, so ergeht hsute
der Ruf an das gesamtr drutsche Volk, an euch. die
ihr euch zeitlich in der Heimat befindet. Es ist die
Offensive zur 7. Kriegsanleihe.

Unlere Kameraden drautzen brauchen neue Kano-
nen und Hondgranaten, Gewrhre und Patronen,
U-Boote und Torpedos, — mit denen sie die Feinde
vernichten und unsere heimatlichen Fluren vor den
Verwüstungen schützen sollen. Es gilt aber auch,
den Feinden zu zeigen, daß unsere finanzirlle und
wirtschaftliche Stärke so ungebrochrn ist wie die mlli-
tärische. Jhre Hoffnung auf Deutschlands ffnan-
ziellen Ruin und wirtschaftlichen Zusammenbruch
muß zu Schanden werden. Dazu braucheri wir
Mitkäwpfer, zirlbewutzte Männer. Der Ruf ergeht
Laher in erster Lmie an euch, die ihr gelobet habt
in der Stunde der Gefahr dem Vaterland das Beste
und Hriligste zu opfern, ihr werdet auch Verständnis
dasür haben, datz wir nicht nür mit den Waffen,
sondern auch mit dem Gelde unsere Feinde schlagen.
Je stärker unsere sinanziellen Kräste einsetzen, desto
schneller fallen die militärischen Schläge, die unsere
Kameraden in den Stand setzrn, einen baldigrn

LÄzLrvrLj Mpttung

Frieden zu erringen. Gebt ihnen nur Woffen soviel
sie brauchen, d. h. gebt ihnen Geld soviel ihr habt.

Hrraus mit den ersparten Groschen und Schcinen,
legt sie auf den Altar des Vaterlandes. Sagt's
euren Frauen und Kindern, euren Vätern und
Müttern, datz unser Vaterland jetzt jeden Pfennig
benötigt um ihnen und uus und vielleicht der ganzen
Welt, das zu gebrn, was ihnen gebührt, einen
dauerhaften Frieden.

Nur noch eine kurze Spanne Zeit trennt uns
von der Stunde, die unseren Feinden -u denken
geben mutz. An euch liegt es. ihnen und der ganzen
Welt zu zeigen, datz wir daheim mit starkem taten-
srohem Siegeswillen hinter unseren kämpfenden
Kameraden stehen und auch finanziell und wirtschaft-
lich nicht klein zu kcirgen sind. Die kommenden
Wochen und Mouate werdrn entscheiden über Sein
odrr Nichtsein, üöer die Zukunft unseres Vo'.kes,
über die Zukunft Europas und vielleicht der ganzen
Welt. Zeigt den Krämern an der Themse, datz
sie sich auch dieswol verrechnet haben, süllt die Pa-
tronentaschen und Munitionswagen unserer Kame-
raden zum Platzen. Für jede Kugel, die die Feinde
schicken, mutz ihnrn rnit einer Granate geantwortet
werdeu. jeder Kanone, die sie auffahren, mutz aus
unseren Reihen ein stählerner Mund entgegenbrüllen.
Dasür müssen wic daheim sorgen mit unserer Arbeit,
mit unserm Gcld, denn das ist es, was uns allein
reiten kann. Baut hinter der Mauer aus Stähl
und Eisen eine zweite Mauer aus Metall, L -e durch
fortgesetztes Hämmern härter und härter wird, und
wir dürfen unserer Zukunst mit uvvermindertem
Vertrauen und wohlbegründeten Hoffnungen rntge-
gensehen.

Wer jetzt fein Geld enrsetzt für den Sieg, der
setzt es ein fürsichselbst und seiner Kinder künstiges
Wohlergehen.

Wer noch keine Kciegsanleihe gezeichnet hat, der
säume keine Minute mehr und tur es fosort ehe es
zu spät ist ,

und wrr haben gesiegt.

Gefr. Schöfer, Res. Laz- I, Gietzen.

Zeichnungen nimmt jede Bank, jede
Kasse und Postanttalt noch bis zum l8.
Ottover nachm. 1 Uhr entgegen.

Die Keisterpost.

Von Wilhelm von Kügelgen.

(Aus den Jugenderinnernngsn eines alien Mannes.)

Nach d-M Abendessen pflegte die kleine Haus-
genossenschaft auf ein Stündchen gesellig beieinander
zu sitzen, und auch der alte neunzigjährige Bedienie
war nicht au?geschlossen. Dieser, ein veritabler
polnischer Edelmarm, ein Herr von Franzisec, hatte
vor Zeiten in seinem Vaterlande — das 8iZnum
nobilitat'iZ, den Säbel an der Seite — an Reichs-
tageir, Königswahlen und Rroolutionen ganz wacker
teilgenommen, obgleich er nie was anderes gewesen
war, als ein Bedienter. Jetzt ruhte er von Ehren
wie von Dirnsten, satz abendS in der Ecke, schnitt
Späne und schlief regelmätzig dabei ein. Jch
meinerseits machte Schweselhölzrr sür die Küche
oder zeichnerr, Fräulein Fritze drehte ihre Tabatiere
zwischen den Fingern, die beiden anderen Damen
spannen. Dabei sprach, srägte oder erzählte jedes
was ihm einfirl, aber das bestc ivutzte immer
Fräulein Lore. Sie sprach wie ein Buch, und mit
Lust hing mein Auge an ihrem alten, reirl'chen
Gesicht, wenn sie so Wunderbares aus der Ver-
gcmgenheit berichtete. Sie erzählte meist von ihren
eigenen oder ihrer Eltern und Verwandten Erleb-
nissen, alte kuriose Hofgeschichten» und wie die
Schweden rns Länd gefallen, oder Friedrich der
Grotze Dresden bombardierl hatte. Leider stnd
ein paar Histörchen das eiirzige Zusammen-
hängende, was mir von alledem wenigstens der
Subsianz nach geblieben ist. Die Ausführupg er-
gänze ich je nach der Jndividuälität der Ge-
sprächsteilnehmer.

Die Rede wac auf den berüchtigten Schröpfer
gefallen, der seinerzeit in Dresden Aufsehen machte.
Jch fragte, wer er eigentlich gewesen sei und was
er getan habc, und Fränlein Lore lietz sich etws
solgendermatzen vernehmen:

Schröpser — hub sie an -- war seines Zei-
chens ein erzschlauköpfiger Leutebetrüger und oer-
stand sein Handwerk aus dem Grmrde. Er wutzte
dre Menschen so zu verblenden. daß sie das Un-
wahrscheinlichste für wahr hielten und mit ihm
nach dem Stein der Weisen suchten. Dieser Stein

— fügtc Fräulem Lore zu meiner Belehrung hin-
zu, —- war aber eigentlich gar kern Stein; oiel-
mehr wurde das Geheimnis einer gewissen Essenz
oder Flüssigkeit nur so genannt. welche freilich
schon des Nachsehens wert geweserr wäre. denn
sie sollte allr Kcankheiten heiien, alte Menscherr
verjüngen, Blei in Gold verwandeln und mit
Geistern in Verbindung bringen.

Dummheiten waren's — unterbrach Fräulem
Fritze — und es hätte mancher besscr grtan davon
zu dleiben, so hausten seine Töchter nicht auf Wein-
bergen, wären heute noch gute Partien, so alt sie
ffind, und das Wettermädel, die Male, säße auch
auf einem breiteren Gestell.

Es hätte ja wohl manches beffer sein können

— fuhr die Erzählerin fort — wenn es anders
gewesen wäre; aber wer konnte denrr dafür. Jm
Fieber deliriert man, und man hatte damats eine
Art von Wechselsieber. Man wollie Blei in Gold
verwechseln, und es waren nicht die Dümmsten,
die das wollten. Wenigstens waren es die An-
gesehensten und Reichsten, denn um dre Armen,
die es am nötigsten gebraucht HStten» bekümmerte
Herr Schröpfer sich so wenig, als ob sie gar nicht
auf der Welt gewesen wären. Aber mit Fücsten,
Grafen und hohen Staatsbeamterr fand er sich zu-
sammen, verschlotz sich mit ihnen in heimliche Gotd-
küchen, vertröstrte sie von einem Jahr aufs andere
und prellte sie endlich gründlich.

Und merkten sie's denn gar nicht? sragte ich.

Ebensowenig — fuhr die Alte fort — als ich
und du was gemerkt hätten. Er harte sie zu sehr
verblüfft, denn er machte Dinge, die kein Mensch
begreifen konnte. So z. B. lebte damals in Dres-
den ein gewisser Herzog Carl von Kurland, ein
Prinz aus dem sächsischen Hause, den die Russ:n
von Mitau vertrieben hatten. Der residierte in
dem schönen Palais am Wall, zwischen dem Ge-
wandhause und dem pirnaifchen Tor, was jetzt
die chirurgische Akademie ist. Dort versammelte
sich bisweilen dcs Abends eine kleine Gesellschaft
von Herren, die im Vertrauen d.-s Her-ogs stan-
den, unter ihnen auch mein Vater. Es waren
zwanglose kleine Soupers; man atz und trank und
lachte und plauderts ohne Gene.

Unnützes Zeug nämlich -- ergänzte Fräulein
Fritze, indem sie eine Pcise nahm — horrende Ge-
schichten von Liebschafterr und dergleichen. Merke
dir's, junger Bengel I daß du dich nie mit Lieb-
schaften breit machst!

Fräulein Lore streichelte mir das Haupt urrd
sagte: das wird er ja wohl niemals tua! Dann
fuhr sie sort: Die Unterhaltung jenes Abends
brachte der Gesellschaft freilich keinen Nutzen. Herr
Schröpfer, der damals anfivg die Ausmerksawkeit
aus sich zu ziehen, war ebenfalls anwesend, und
da er sich mit den kurländischen Verhältnissen nicht
unbekarint zeigte, so beschränkte sich die Unterhal-
tung bald auf dortige Erinnerungen, denen sich
der Herzog mit Vergnügen und in bester Laune
hmgab. Hundert Dukaten — rief er — indem er
sein Glas auf den Tisch stietz. gäbe er darum, zu
wissen, was jetzt eben die tolle Gräfin L mache.

Der Herzog mochte das freilich nur so hinge-
sagt haben, denn wer hätte ihm Auskunft geben
sollen! aber um so mehr war man erstaunt, als
Herr Schröpfer sich erboi, die gewünschte Nachricht
zu schaffen. ErwoWe.sägteer.augenblicklich einenBnes
nach Mitau befördern, nur müsse der Herzog zurüö-
datieren, damit die Sache dort nicht auffiele, und
mit der Antwort Lreitzig Minuten Geduld haben.

Unmöglich I rirf wein Vater; der brste Renner
könne in dreltzig Mmuten keine drei Meilen macherr.
 
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