kamen, die ihn aber mit gutem Recht belehrten, Besichtigung zu entziehen. Indessen hat der „Fall
daß sich die Deutschen nicht ungestraft gehässig Hodler" in der deutschen Künstlerschaft weitere
verleumden lassen, und daß man ein solches Kreise gezogen. Die Secessionen in München und
Vorgehen sich am allerwenigsten von einem Mann Berlin, die Dresdener Akademie und der Deutsche
gefallen läßt, dem ausschließlich Deutschland die Künstlerbund haben Hodler aus ihren Reihen aus-
Entwicklungsmöglichkeiten seines Ingeniums bot. gestoßen, die Wiener Secession hat gegen ihn
Der Fall kompliziert sich dadurch, daß Hodler Stellung genommen, in Köln und Düsseldorf und
vor kurzem für Deutschland ein Kunstwerk schuf, wohl auch anderwärts, haben die Museumsver-
das uns in diesen schweren Tagen eine Art waltungen die Entfernung der Werke Hodlers aus
Palladium hätte sein können, wenn nicht die jetzt den Galerien bewirkt. Aber auch in Hodlers
bekundete Gesinnungslosigkeit seines Schöpfers eigenem Vaterland haben sich Stimmen gegen ihn
uns alle Freude daran raubte: es handelt sich um hören lassen. Unter Führung von Hermann Hirzel
das Bild „Aufbruch der deutschen Studenten zum protestierten bedeutende Schweizer Künstler gegen
Freiheitskrieg 1813", das sich im Besitz der Jenaer Hodler, der Architekt Berlepsch-Valendas wandte
Universität befindet. Man kann es verstehen, daß sich in einem Flugblatt gegen ihn und betonte be-
Ernst Häckel als achtzigjähriger Senior der Uni- sonders die wirtschaftlichen Folgen, die Hodlers
versität Jena in einem offenen Brief verlangt, das Tat für die ganze Schweiz nach sich ziehen könnte,
Bild aus den Räumen der Universität zu ent- endlich, und das scheint besonders bedeutungsvoll,
fernen, es öffentlich zum Verkauf auszubieten und bot jüngst der bekannte Sammler Henneberg in
die erzielte Summe dem Roten Kreuz zu über- Zürich seine 83 Werke Hodlers durch Zeitungs-
weisen. Wie Häckel, der im Namen gleichgesinnter inserate zum öffentlichen Verkauf aus. Das be-
Kollegen sprach, wird es manchem anderen auch deutet für Hodler eine wesentliche Verschlechterung
ergehen: die Betrachtung des Bildes löst, über den des „Marktes". Und damit wird er wohl am
ästhetischen Eindruck hinaus, nicht mehr ein Ge- schwersten getroffen, denn von allen die ihn kennen,
fühl nationalen Stolzes aus, sondern für immer wird er vor allem als ein ausgezeichneter „Ge-
bleibt damit das Unbehagen innerer Unwahrhaftig- schäftsmann" bezeichnet, der in erster Linie auf
keit und verräterischen Undanks verbunden. Trotz- sein wirtschaftliches Wohl bedacht ist. Tatsäch-
dem haben sich die Universitätsbehörden in feinem lieh hat er ja auch durch die klischeeartige Wie-
Taktgefühl, an dem sich Hodler und Konsorten derholung gewisser „gangbarer" Motive („Der
ein Beispiel nehmen könnten, entschlossen, das Holzfäller") bewiesen, daß er sich auf die Indu-
Bild nicht zu veräußern, sondern vorläufig nur der strialisierung der Kunst nicht übel versteht.
Gleichwohl sollte man die
„Affäre" nicht zum Ausgangs-
punkt einer plötzlich einset-
zenden Herabwürdigung der
künstlerischen Leistungen Hod-
lers nehmen, wie es vieler-
orts geschah: wir schlagen
dadurch unserem Urteil von
gestern ins Gesicht und setzen
uns selbst ins Unrecht. Hod-
ler bleibt ein großer Künstler,
um so größer, als er die in-
nere Unwahrhaftigkeit seiner
Kunst, die beispielsweise sei-
nem Jenaer Bild, nach dem
gegenwärtigen Ausbruch zu
schließen, unbedingt innewoh-
nen muß, bisher so geschickt
durch die Stärke seiner Kunst
zu verbergen wußte. Mensch
und Künstler haben, wie so
oft, auch bei Hodler nichts ge-
mein. Und so dürfen wir den
Künstler Hodler nicht geringer
schätzen wegen seiner Untat,
aber als Mensch muß er für
uns erledigt sein, er, der
seine Jämmerlichkeit mit ei-
nem armseligen Rückzugsver-
such krönt und in einem Brief
die Worte zu gebrauchen wagt:
„Glauben Sie wie zuvor an
meinen inneren Zusammen-
hang mit dem deutschen We-
sen!" Mag das Herr Hodler
glauben oder nicht: wir fol-
gen ihm dahin nicht, und das
große deutsche Wesen wird
sich ein für allemal verbitten
müssen, mit Hodler in Zu-
sammenhang gebracht zu wer-
L. v. HOFMANN KLARES GEWÄSSER den.
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daß sich die Deutschen nicht ungestraft gehässig Hodler" in der deutschen Künstlerschaft weitere
verleumden lassen, und daß man ein solches Kreise gezogen. Die Secessionen in München und
Vorgehen sich am allerwenigsten von einem Mann Berlin, die Dresdener Akademie und der Deutsche
gefallen läßt, dem ausschließlich Deutschland die Künstlerbund haben Hodler aus ihren Reihen aus-
Entwicklungsmöglichkeiten seines Ingeniums bot. gestoßen, die Wiener Secession hat gegen ihn
Der Fall kompliziert sich dadurch, daß Hodler Stellung genommen, in Köln und Düsseldorf und
vor kurzem für Deutschland ein Kunstwerk schuf, wohl auch anderwärts, haben die Museumsver-
das uns in diesen schweren Tagen eine Art waltungen die Entfernung der Werke Hodlers aus
Palladium hätte sein können, wenn nicht die jetzt den Galerien bewirkt. Aber auch in Hodlers
bekundete Gesinnungslosigkeit seines Schöpfers eigenem Vaterland haben sich Stimmen gegen ihn
uns alle Freude daran raubte: es handelt sich um hören lassen. Unter Führung von Hermann Hirzel
das Bild „Aufbruch der deutschen Studenten zum protestierten bedeutende Schweizer Künstler gegen
Freiheitskrieg 1813", das sich im Besitz der Jenaer Hodler, der Architekt Berlepsch-Valendas wandte
Universität befindet. Man kann es verstehen, daß sich in einem Flugblatt gegen ihn und betonte be-
Ernst Häckel als achtzigjähriger Senior der Uni- sonders die wirtschaftlichen Folgen, die Hodlers
versität Jena in einem offenen Brief verlangt, das Tat für die ganze Schweiz nach sich ziehen könnte,
Bild aus den Räumen der Universität zu ent- endlich, und das scheint besonders bedeutungsvoll,
fernen, es öffentlich zum Verkauf auszubieten und bot jüngst der bekannte Sammler Henneberg in
die erzielte Summe dem Roten Kreuz zu über- Zürich seine 83 Werke Hodlers durch Zeitungs-
weisen. Wie Häckel, der im Namen gleichgesinnter inserate zum öffentlichen Verkauf aus. Das be-
Kollegen sprach, wird es manchem anderen auch deutet für Hodler eine wesentliche Verschlechterung
ergehen: die Betrachtung des Bildes löst, über den des „Marktes". Und damit wird er wohl am
ästhetischen Eindruck hinaus, nicht mehr ein Ge- schwersten getroffen, denn von allen die ihn kennen,
fühl nationalen Stolzes aus, sondern für immer wird er vor allem als ein ausgezeichneter „Ge-
bleibt damit das Unbehagen innerer Unwahrhaftig- schäftsmann" bezeichnet, der in erster Linie auf
keit und verräterischen Undanks verbunden. Trotz- sein wirtschaftliches Wohl bedacht ist. Tatsäch-
dem haben sich die Universitätsbehörden in feinem lieh hat er ja auch durch die klischeeartige Wie-
Taktgefühl, an dem sich Hodler und Konsorten derholung gewisser „gangbarer" Motive („Der
ein Beispiel nehmen könnten, entschlossen, das Holzfäller") bewiesen, daß er sich auf die Indu-
Bild nicht zu veräußern, sondern vorläufig nur der strialisierung der Kunst nicht übel versteht.
Gleichwohl sollte man die
„Affäre" nicht zum Ausgangs-
punkt einer plötzlich einset-
zenden Herabwürdigung der
künstlerischen Leistungen Hod-
lers nehmen, wie es vieler-
orts geschah: wir schlagen
dadurch unserem Urteil von
gestern ins Gesicht und setzen
uns selbst ins Unrecht. Hod-
ler bleibt ein großer Künstler,
um so größer, als er die in-
nere Unwahrhaftigkeit seiner
Kunst, die beispielsweise sei-
nem Jenaer Bild, nach dem
gegenwärtigen Ausbruch zu
schließen, unbedingt innewoh-
nen muß, bisher so geschickt
durch die Stärke seiner Kunst
zu verbergen wußte. Mensch
und Künstler haben, wie so
oft, auch bei Hodler nichts ge-
mein. Und so dürfen wir den
Künstler Hodler nicht geringer
schätzen wegen seiner Untat,
aber als Mensch muß er für
uns erledigt sein, er, der
seine Jämmerlichkeit mit ei-
nem armseligen Rückzugsver-
such krönt und in einem Brief
die Worte zu gebrauchen wagt:
„Glauben Sie wie zuvor an
meinen inneren Zusammen-
hang mit dem deutschen We-
sen!" Mag das Herr Hodler
glauben oder nicht: wir fol-
gen ihm dahin nicht, und das
große deutsche Wesen wird
sich ein für allemal verbitten
müssen, mit Hodler in Zu-
sammenhang gebracht zu wer-
L. v. HOFMANN KLARES GEWÄSSER den.
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