Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

DOI Artikel:
Wolf, Georg Jacob: Kunstschätze und Kriegsschicksale
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0087

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTSCHÄTZE UND KRIEGSSCHICKSALE

Von Georg Jacob Wolf

Die Wirkungen des Krieges auf Zustände, tende Schöpfungen anknüpfen wird. Indessen
Verhältnisse und Aeußerungen der bil- müßte, so erfreulich dieses Besinnen auf sich
denden Künste treten in mannigfaltigster Art selbst ist, jeder überlegende Kunstfreund
in die Erscheinung. Am bemerkenswertesten schärfsten Widerspruch erheben, wenn fortan
ist, daß mit einem Male alles seichte Imita- in Bausch und Bogen aller nicht-deutschen
torentum fremder Kunst, alle unangebrachte Kunst das Todesurteil im deutschen Kunst-
Ausländerei weggefegt ist, und daß man fort- leben gesprochen sein sollte, und wenn die-
an wieder an hervorragend deutsch gemu- ses unvernünftige Beginnen, das sich mit Un-
recht das dürftige Män-
telchen des Kulturpatrio-
tismus umhinge, sich viel-
leicht gar auf die alten
Meister, auf die Klassi-
ker erstreckte. Als Swar-
zenski im Städelschen In-
stitut in Frankfurt a. M.
unmittelbar nach dem
Kriegsausbruch klassi-
sche französische Meister
abhing, da tat er das nicht,
weil er mit einem Schlag
diese Werke geringer ge-
achtet hätte oder weil sie
ihm ihrer Herkunft we-
gen verleidet gewesen wä-
ren. Sondern er tat es,
um sie auch nicht der
entfernten Möglichkeit
von Attentaten, die frei-
lich nach unserer Mei-
nung in Frankfurt eben-
sowenig zu befürchten
waren, wie sie auch an an-
deren Plätzen nicht einge-
treten sind, auszusetzen.

Zu diesem Aeußersten
wäre es ja nun zwar, wie
gesagt, sicher nicht ge-
kommen und so mag das
Vorgehen Swarzenskis für
den voraussetzungslosen
Beobachter als ein Symp-
tom angesehen werden,
wie — auf anderem Ge-
biet der Geisteskultur —
die Umfrage des Deut-
schen Theaters in Berlin,
ob man in unserer Zeit auf
deutschen Schaubühnen,
ohne vaterländische Ge-
fühle zu verletzen,Shakes-
peare spielen dürfe. Der

hermann pampel stier (Radierung) deutsche Reichskanzler

Graphische Ausstellung Leipzig 1914 antwortete darauf: na-

74
 
Annotationen