Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

DOI Artikel:
Voll, Karl: Sollen wir Bilder aus Belgien für die deutschen Sammlungen nehmen?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0086

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin. Seit lan-
gem ist es ein Wunsch der Kunstgeschichte,
den Altar wieder einmal, wenn auch nur für
kurze Zeit, zusammenzustellen, so daß wir
einen Begriff von einer Gesamthaltung bekämen
und manche sehr wichtige Frage danach be-
urteilen, vielleicht lösen könnten. Im Jahre
1902 soll die Erfüllung dieses Wunsches, be-
sonders durch das Entgegenkommen der Ber-
liner Galeriedirektion nahe gestanden, aber
am Schlüsse doch an dem Widerstand des
Genter Erzbischofs gescheitert sein. Jetzt,
wo die Deutschen in Belgien die Herren sind
und den Einheimischen viel Freundlichkeiten
erweisen können, wäre es wohl möglich, den
sonst unbeugsamen Willen der Kirchenbehör-
den zu beeinflussen, so daß irgendwo der Altar
wieder als Ganzes gesehen werden dürfte. Man
würde das wohl nicht während des Krieges
selbst tun; jedoch ließe sich für eine spätere
Zeit darüber eine bindende Abmachung treffen.

Dasselbe gilt für das Abendmahl des Dirk
Bouts, das kürzlich aus der brennenden Peters-
kirche von Löwen durch die Deutschen ge-

rettet worden ist. Die dazu gehörigen Flügel
befinden sich im Kaiser-Friedrich-Museum und
in der Münchener Pinakothek. Der Altar muß
als Ganzes sehr stattlich gewesen sein, wäh-
rend die einzelnen Tafeln, für sich allein ge-
sehen, etwas klein wirken. Auch hier würde
uns die Zusammensetzung des Altares recht
erwünschte Aufklärung geben.

Ich habe mit Absicht nur von den Haupt-
werken gesprochen, die ein allgemeines Inter-
esse beanspruchen. Es gibt nun noch eine
Menge von gotischen Bildern zweiten und
dritten Ranges, um die vielleicht die Klage
seitens der beraubten Belgier nicht so groß
wäre. Wenn diese entführt würden, so dürfte
man wohl von einer Art von Ungeschicklich-
keit sprechen; denn unseren Galerien von
Werken Alter Meister tut nicht etwa eine Ver-
mehrung des kunstgeschichlichen Ballastes
not, sondern eine Verringerung des Bestandes,
damit der Besucher nicht durch die vielen
nebensächlichen, vielleicht gar wertlosenWerke
minderen Ranges jene Abkühlung seiner Freude
erfährt, über die nicht wenig geklagt wird.

Dl« Kunst für Alle XXX.

73

10
 
Annotationen