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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Wolf, Georg Jacob; Defregger, Franz von [Ill.]: Zu Defreggers achtzigstem Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0306

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ZU DEFREGGERS ACHTZIGSTEM GEBURTSTAG

Von Georg Jacob Wolf

Konrad Lange hat einmal das glückliche worfen war. Wie ein Stern tauchte der Ti-
Wort geprägt, für jeden Künstler gehe roler Bauer Defregger in Pilotys Atelier auf,
die Sonne des Ruhms früher oder später im und tosender Beifall der Kunstbegeisterten
Westen unter, um im Osten neuerdings mit brandete zu ihm empor, jedes seiner tirolischen
Aussicht auf historische Ewigkeit aufzugehen. Geschichts- und Sittenbilder löste einen Sturm
Wie wahr dieses Wort ist, hat mancher Künst- der Zustimmung aus, und in den siebziger
ler schon bei Lebzeiten erfahren können: eine und achtziger Jahren gab es im Münchner
Modewelle oder eine allgemeine Entwicklungs- Kunstleben und auf dem Münchner Kunst-
phase innerhalb einer Künstlergruppe kam und markt kaum eine Erscheinung, die sich ähn-
verschüttete die Erinnerung, Verehrung, Wert- licher Volkstümlichkeit und ähnlich bedingungs-
schätzung, die ihm bisher gegolten — aber loser Anerkennung zu erfreuen hatte. In De-
die Flut verebbte, ruhigere Zeiten kamen, der freggers Meisteratelier an der Münchner Aka-
historische Sinn schärfte sich, das Billigkeits- demie drängten sich die Kunstjünglinge aus
gefühl gewann wieder Oberwasser, die Vor- allen Landen und oft war seine Schule noch
aussetzungslosigkeit siegte und da stieg — stärker besucht als Wilhelm von Diezens Klasse,
um mit Lange zu reden — die Sonne des Eine ganze Legion Defregger-Imitatoren und
Ruhms für den Vergessenen im Osten wieder Defregger-Nachschleicher stand auf: sie hatten
empor, vergoldete sein Schaffen neu und ließ ihrem Vorbild die Aeußerlichkeiten seiner Kunst
Seiten dieses Schaffens aufleuchten, die bis- abgeguckt und münzten seine schöne, edle
her im Schatten verborgen geblieben waren. Arbeit als Fabrikware aus, spekulativ und ge-
Franz Defreggers künstlerisches Schicksal schäftsgewandt, wie solche Ausbeuter eines
war es, daß sein Schaffen im Urteil der Zeit- fremden Ingeniums zu sein pflegen. Damals
genossen, von seiner getreuen, engeren Ge- entstand das Wort von der „Defreggerei", und
meindeabgesehen, solchen Schwankungen unter- mancher war ungerecht genug, Defregger selbst

Die Kunst für Alle XXX. 15/10. I.Mai 1915

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