Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0181
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Wolf, Georg Jacob: Reiterdenkmäler
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PAUL DUBOIS
DIE JUNGFRAU VON ORLEANS IN REIMS
bescheidung der Mangel an finanziellen Mitteln:
Gemeinwesen, die etwas auf sich halten,
wollen ihren Kaiser Wilhelm oder Kaiser Fried-
rich, ihren Moltke, Roon oder Prinz Friedrich
Karl und ebenso ihre Landesväter allzumal
zu Roß plastisch verehrt wissen. Ein Blücher-
standbild wie jenes, das Schadow nach Goe-
thes Vorschlägen in Rostock aufstellte, das
den Marschall Vorwärts zu Fuß zeigt und alles
Heroentum in die Darstellungen der Sockel-
reliefs verbannt, ist in jeder Beziehung eine
Ausnahme (s. Abb. Jahrg. 1908/9, S. 333);
trotzdem finde ich, daß man z. B. Moltkes
Charakter und Wesen viel besser träfe, wenn
man ihn immerzu als den Feldherrn zu Fuß
verewigte, wie es seiner bescheidenen, äußer-
lich so gar nicht heldenhaften, wissenschaft-
lich-professoralen Art am besten entspräche.
Denn ich kann mir nichts Widersinnigeres
vorstellen als den Schlachtenlenker, hoch zu
Roß auf dem Feldherrnhügel bei der Wind-
mühle, bärbeißig und so recht ein Draufgänger
und Haudegen. Die moderne Kriegsgeschichte
kennt diesen Typus nicht: weit, weit hinter
der Front sitzt der Feldherr in einer geräu-
migen Villa, vor sich die minutiöseste Karte,
neben sich das Telephon, von Adjutanten und
Meldereitern umringt, der ganze kapriziöse
Apparat der modernen Technik ist mobil und
alle Nerven sind angespannt, der Intellekt
sprüht förmlich Funkenbündel — aber das
schnaubende Schlachtroß hat damit nichts zu
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DIE JUNGFRAU VON ORLEANS IN REIMS
bescheidung der Mangel an finanziellen Mitteln:
Gemeinwesen, die etwas auf sich halten,
wollen ihren Kaiser Wilhelm oder Kaiser Fried-
rich, ihren Moltke, Roon oder Prinz Friedrich
Karl und ebenso ihre Landesväter allzumal
zu Roß plastisch verehrt wissen. Ein Blücher-
standbild wie jenes, das Schadow nach Goe-
thes Vorschlägen in Rostock aufstellte, das
den Marschall Vorwärts zu Fuß zeigt und alles
Heroentum in die Darstellungen der Sockel-
reliefs verbannt, ist in jeder Beziehung eine
Ausnahme (s. Abb. Jahrg. 1908/9, S. 333);
trotzdem finde ich, daß man z. B. Moltkes
Charakter und Wesen viel besser träfe, wenn
man ihn immerzu als den Feldherrn zu Fuß
verewigte, wie es seiner bescheidenen, äußer-
lich so gar nicht heldenhaften, wissenschaft-
lich-professoralen Art am besten entspräche.
Denn ich kann mir nichts Widersinnigeres
vorstellen als den Schlachtenlenker, hoch zu
Roß auf dem Feldherrnhügel bei der Wind-
mühle, bärbeißig und so recht ein Draufgänger
und Haudegen. Die moderne Kriegsgeschichte
kennt diesen Typus nicht: weit, weit hinter
der Front sitzt der Feldherr in einer geräu-
migen Villa, vor sich die minutiöseste Karte,
neben sich das Telephon, von Adjutanten und
Meldereitern umringt, der ganze kapriziöse
Apparat der modernen Technik ist mobil und
alle Nerven sind angespannt, der Intellekt
sprüht förmlich Funkenbündel — aber das
schnaubende Schlachtroß hat damit nichts zu
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