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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Wolf, Georg Jacob: Carl von Marr: der neue Präsident der Münchner Künstlergenossenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0206

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LEO SAMBERGER

CARL VON MARR

CARL VON MARR,

DER NEUE PRÄSIDENT DER MÜNCHNER
KÜNSTLERGENOSSENSCHAFT

An die Spitze der Münchner Künstlergenossen-
schaft, die seit dem Tode Hans von Petersens
ihres Führers beraubt ist, tritt mit Akademie-
professor Carl von Marr eine markante Persön-
lichkeit. Marrs Wahl konnte dem Fernstehenden
überraschend kommen, denn seit einer Reihe von
Jahren fand man Marrs Werke nicht mehr in
den Ausstellungsräumen der Genossenschaft, son-
dern vordem bei der „Luitpoldgruppe" und seit
einigen Jahren bei dem Künstlerbund „Bayern1,
innerhalb welcher Gruppe Marr bisher eine füh-
rende Stellung einnahm. Daß die Genossenschaft
trotzdem Marr zu ihrem Präsidenten berief, be-
weist ihre Absicht, eine starke Individualität, einen
als Künstler, Lehrer und Organisator gleich be-
währten Mann, zum Führer zu gewinnen: es mag
sein, daß unter solchen Umständen der neue Prä-
sident im kunstpolitischen Leben Münchens eine
ähnliche Stellung erlangen wird, wie sie einst Len-
bach innehatte. Doch ist Marr, der aus einer
der „Mittelgruppen" der Münchner Künstlerschaft
kommt, in jeder Hinsicht toleranter als Lenbach
und hat damit einen Vorzug vor dem Diktator vor-
aus. Marr werden in seinem neuen Amt in dieser
Zeit und in der nächsten Zukunft außerordentlich
bedeutungsvolle Aufgaben erwachsen. Gilt es im

Augenblick,den mancherlei wirtschaftlichen Schwie-
rigkeiten, in die sich infolge des Krieges eine große
Anzahl von Münchner Künstlern verstrickt sieht,
entgegenzuwirken, so wird nach dem Friedens-
schluß und mit dem Wiedererstarken und Neuer-
blühen des künstlerischen Lebens die Aufgabe des
Präsidenten der Münchner Künstlergenossenschaft
eine noch weit schwierigere sein: er muß den An-
schluß dieses konservativen Kunstflügels an die
neu einsetzende Entwicklung des Münchner Kunst-
lebens herbeiführen und den Glaspalast aus seinem
Dornröschenschlaf aufrütteln. Marr scheint dafür
der berufene Mann. Er hat sich organisatorisch
bewährt, er kennt als akademischer Lehrer den
Nachwuchs der Münchner Künstlerschaft, er ist
reif und gefestigt in seinem Urteil und doch noch
nicht irgendwie in Theorien und Anschauungen
verknöchert und er bringt eine außerordentliche
Arbeitskraft und Arbeitslust mit. — Ueber Marrs
eigene künstlerische Entwicklung und über seinen
Lebensgang haben wir ausführlich im Dezember-
heft des Jahrganges 1910 11 unserer Zeitschrift be-
richtet. Es sei daher hier nur wiederholt, daß
Marr am 14. Februar 1858 in Milwaukee in den
Vereinigten Staaten geboren wurde, in München
unter Lindenschmit seine entscheidenden Anregun-
gen erhielt und seit 1893 an der Münchner Aka-
demie der bildenden Künste als Professor wirkt;
seit dem nämlichen Jahr ist er bayerischer Staats-
angehöriger. G. J. W.

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