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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Hausenstein, Wilhelm; Jagerspacher, Gustav [Ill.]: Gustav Jagerspacher
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0347

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rungen, die Jagerspacher wie unsere ganze tur, mit der er diese Stoffe zu verwirk-

Zeit dem Rembrandt und dem Greco dankt, liehen trachtet, erscheint dabei nicht immer

In diesen Bildern greift Jagerspacher mit einer als der gegebene Ausdruck für diese Stoffe.

Sehnsucht, die nur schmerzlichem und hoff- Die gepflegte Malerei des Künstlers geht bis

nungsvollem Erleben unsterblicher religiöser zu einer verwöhnten Empfindsamkeit und ist

Parabeln entspringen konnte, in die biblische mitunter wie ein fremdes, ein viel zu kost-

Geschichte. Er malt Bilder der Auferstehung, bares Kleid um die Menschen gelegt, die sie

In diesen religiösen Bildern sind menschli- darstellt,

ches Gefühl, leibliches Weh und malerischer Der Widerspruch befremdet zunächst. Aber

Ausdruck wohl am vollkommensten einig ge- auf die Dauer läßt er die Formalität der eigent-

worden. Krampflinien, die mißlich an gewisse lieh künstlerischen Absichten Jagerspachers

wenig kostspielige Exzentrizitäten Oppenhei- nur um so schärfer hervortreten. Einige Akte

mers erinnern, stören wohl die malerisch edle des Künstlers sind vielleicht — so erregt der

Formalität des Bildes. Man fühlt zuweilen Künstler das bestreiten würde, denn er fühlt

allzusehr die dramatische Psychologie. Sie sich am meisten wohl noch mit den Bildern

grenzt manchmal an Inszenierung. Das ist bei seiner Proletarier einig — die am stärksten

einem Künstler, der wie Jagerspacher durch harmonischen malerischen Verwirklichungen,

Schicksal zur Zurückhaltung erzogen wurde, die dem Künstler gelangen,

doppelt auffallend. Aber freilich ist es gerade Jagerspacher hat seine Höhe noch nicht

auch zu begreifen, daß ein wachsender Künst- erreicht. Es ist kaum ein Zweifel, daß er

ler durch krasse Gesten, die noch mehr Stoff- Material hat, eine bemerkenswerte Höhe zu

lieh als formal sind, Maße und Kräfte seines ersteigen. Wo sie liegen wird, ist schwer zu

Naturgrundes zu erweitern sucht. Diese Be- bestimmen; denn noch schafft der Künstler

mühung ist sehr menschlich, wiewohl sie — in Jugend. Ist das Konservative, das Antimo-

wenigstens einstweilen — nicht sehr künstle- dernistische seiner Art, seine Vorliebe für das

risch ist. fast galeriemäßig Gesetzte, für dämmerige Zu-

Die Läuterung der Erscheinung und des rückgezogenheit die endgültige Gebärde seiner
Erlebnisses zur Form ist gleichwohl das letzte durch Schmerz geadelten Natur, die den Kampf
Ziel, das Jagerspacher sich aufgestellt hat. auf dem Markt der Zeit nicht erträgt? Ist
Dies fühlt man just dann, wenn man sich dies Konservative, in dem er sich zuweilen bis
der Zwiespältigkei- zum Konventionel-
ten bewußt wird, lenbefestigthat, nur
die in vielen sei- eine Stufe seiner
ner achtungswür- I so vorsichtigen Ent-
digsten und erfreu- wicklung?
lichsten Bilder die 0p ü • Man fühlt schon
Form vom Stoff so \"'*: /J*V heute Notwendig-
sonderbar schei- ?V keit in der stark
den. ■ ^"^"^-'W 'I^V traditionellen Art,

Man könnte sa- iWVi mit ^er dieser
gen, der betonte 1^, H Künstler seinem
proletarische Stoff \\ Suchen Grenzen
widerlege die ver- \ jyP BfljK zieht. Aber auch
feinerten maleri- so ist die Grund-
schen Ansprüche ff fc l|| läge einer Ent-
Jagerspachers und wicklung wertvoll,
diese Ansprüche ',' j Auf dieser Grund-
widerlegten den läge sind Möglich-
Stoff. Jagerspacher keiten denkbar, mit
erlebt mit seiner Hfl^l denen Jagerspa-
von reinstem Mit- / / I i S 33_^^tfflB StL cners Malerei der-
leid erfüllten und 1 {.. ^ g api einst zu den feinen
eines reinen Mit- Qualitäten der je-
gefühls würdigen ' | ^ derzeit durch Ab-
Menschlichkeit die • ^^"JL HP gemessenheit wirk-
Tiefe seiner Stoffe jk : ^Mt--- ~ " samen Münchener
bis auf den Grund. ■Pi)^'^ i^äy 2* *' Kunst gerechnet
DiemalerischeKul- gustav jagerspacher zigeunerkinder werden müßte.

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