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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Konsbrück, Hermann: Marianne und ihr Freund John Bull
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0515

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per der englischen Frau „serieux" ist; daß
ihr die frivolen und indezenten Reize fehlen,
die die traurige Beigabe der Französin sind!
Oh! — wenn die Griechen die Engländer ge-
kannt hätten!"

Die Wirkung Englands auf die europäischen
Völker wird in Einzelzeichnungen verewigt.
Der Spanier, der Deutsche, der Italiener, der
Russe, der Franzose u. a., sie halten sich alle
mit entsetzten Gebärden die Nasen zu und
fragen einstimmig: „Was stinkt denn nur so
in Europa?" Eine Karte des im Nebel da-
liegenden Inselreiches gibt die Antwort: „Es
ist dieser stinkige Nebel, der Europa vergiftet."

In unseren Tagen, in denen das den Wogen
gebietende Großbritannien seine Dampfer durch
den Mißbrauch neutraler Flaggen zu sichern
sucht, lautet die Frage wie damals: „Wie wird
die Menschheit mit den Engländern fertig?"
Wir versuchen es mit U-Booten und anderen
Kriegsmitteln. Nach Faschoda aber konnte ein
Franzose sich nur auf andere Weise helfen:
es gab nur Hohn, Spott und Lachen, und so
zeichnet Willette das Lachen selbst, darge-
stellt als Pierrot, wie es den hilflosen John
Bull auf seine eigene, am Boden liegende
Flagge drückt . ., „um ihm die Nase in den
eigenen Kot zu stecken!" Welche guten Wünsche
und Hoffnungen auch auf französischer Seite
vorhanden waren, beweist das letzte Bild: Der
Tod umfaßt das dreizackbewaffnete Albion;
er entführt die Figur in die Lüfte, während
auf Erden festliche Beleuchtung und Feuer-
werk von der Freudenstimmung Zeugnis ab-
legen: „Der Tag, an dem das perfide Albion
krepieren wird, wird ein Tag der allgemeinen
Weltfreude sein!"---

Trotz tapferster Gegenwehr der Buren er-
oberte England das Transvaal mit seinen Gold-
und Diamantfeldern. Am 17. November 1900
erschien eine zweite Sondernummer des
„Rire" mit dem Titel: „Krüger der Große
und John Bull der Kleine." Caran d'Ache
war der Zeichner, der um nichts weniger
bissig, scharf und glänzend die „kolonisato-
rische" Tätigkeit der Engländer in Südafrika
geißelte. Der Jamesonritt war das Vorspiel
des blutigen Dramas. Chamberlain, der gei-
stige Vater des Raubzuges, hält den kleinen
Jameson an das Schloß der Burentüre, die
dieser mit Hammer und Stemmeisen zu spren-
gen versucht.

Der englische Generalstab, der bei seinen
Aufklärungsritten mit dem Kopf bald an ein
Gebirge rennt, bald mit Pferd und Karte ab-
stürzt, um dann erst zu merken, daß fataler-
weise gerade dort die Ebene beginnt, derselbe
Generalstab war nicht faul, eine äußerst kri-
tische Lage als „durchaus glänzend" zu be-
zeichnen. Auch die Ueberraschung der Tom-
mys scheint groß gewesen zu sein, als sie im
wohlgezielten Burenfeuer durcheinanderpurzel-
ten — hatte ihnen doch das Kriegsamt in
London versichert, daß die Buren nur mit
Bogen und Pfeilen schössen. Der Gutmütig-
keit der Buren, die den gefangenen Englän-
dern geben was sie können: Unterkunft im
Bett des eigenen gefallenen Sohnes, Marme-
lade und Suppe — im Gegensatz zur be-
rühmten Chocolade, die die erhabene Königin
schenkte — dieser gut christlichen Nächsten-
liebe sind einige Blätter gewidmet. Da man
aber bei der Ausübung solcher Samariter-
dienste die Flinte nicht gebrauchen kann, hat

ZEICHNUNG VON

RADIGUET AUS LE RIRE

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