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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Clemen, Paul; Bartholomé, Albert [Oth.]: Offener Brief an Albert Bartholomé
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0488

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H. GROEBER

BILDNIS

wartet, vorbereitet, gesucht. Sie hat sich, um
ihres Hasses willen, mit der ganzen Welt ge-
gen uns verschworen, das unnatürlichste Bünd-
nis eingegangen, das wie eine Sünde gegen
den Heiligen Geist erscheint: das stolze, frei-
heitliche Frankreich mit dem despotischen Za-
rismus; dieser Haß hat sie dem kühlen Rech-
ner England in die Arme getrieben, der Ihnen
die ungesühnte Schmach von Faschoda ange-
tan hat, der sich jetzt im Norden Frankreichs
ein zweites Gibraltar schafft. Wenn jetzt die
Zündschnur zu der von Ihrer Regierung an-
gelegten Mine rascher zu Ende gebrannt ist,
als sie selbst gehofft —: wundern Sie sich,
daß die Welt in Flammen steht?

Kein „Recht" des Krieges auf die Zerstörung
suche ich zu verteidigen, wie Sie schreiben.
Meine Berichte vom November und Dezember
wandten sich gegen die Erklärung Ihrer Re-
gierung, daß die Deutschen „in Verletzung
der Haager Konvention, ohne sich auch nur
auf den Schein militärischer Notwendigkeit

berufen zu können, einzig aus Zerstörungslust,
die Kathedrale einer systematischen Beschie-
ßung unterzogen hätten". Sie wissen heute so
gut wie ich, daß Ihr Generalissimus schlecht
unterrichtet war, als er am 23. September er-
klärte, daß niemals ein Beobachtungsposten
in der Kathedrale Aufstellung gefunden habe.
Ihre Blätter und Zeitschriften selbst haben zu-
gestanden, daß sogar ein elektrischer Schein-
werfer auf dem Nordturm aufgebaut war —,
und daß Ihre Batterien in unmittelbarer Nähe
der Kathedrale und mit dieser als Kugelfang
hinter sich, feuerten, das haben wir in un-
sern Stellungen mit nur zu schmerzlicher Deut-
lichkeit spüren können. Nein, Ihr Großer
Generalstab war ebenso schlecht unterrichtet
wie Ihr Minister des Aeußern, als er am
21. September behauptete, die Kathedrale wäre
nur mehr ein Trümmerhaufen. Es sind fran-
zösische Stimmen, die gefragt haben, warum
bei dem verhängnisvollen Brand des Gerüstes
nicht die Feuerwehr, nicht die Pioniere ein-

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