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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Mühlmann, Kaj: Anton Faistauers letzte Werke: einem deutschen Maler zum Gedächtnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0029

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Anton Faistauer. Neapel, Castell Nuovo

leuchtende Fälligkeit. Barock ist die Stimmung,
die Körperlichkeit der Figuren, nicht aber ihre Be-
freitheit und ihr festlicher Schwung, barock der
Stoff der Darstellung, der Prunk der Farbe, nicht
aber die Komposition, die Durchführung, der eigen-
artige Farbauftrag. Nicht im Gesamten der Idee
und nirgends in einem Detail sj)ürt man Eklekti-
zismus, hier malte ein Heutiger, in dem die große
Epoche des deutschen Barock wieder lebendig
wurde.

Die Anstrengungen dieser Arbeit veranlaßten den
Künstler zu einer Reise in den Süden, der letzten
seines Lebens. In Venedig. Neapel und Taormina
entstanden eine Reihe wundervoller Landschaften.
Faistauers Verhältnis zur Landschaft fußt in sei-
ner Kunst- und Weltanschauung: die Landschaft
bloß zu schildern, genügt nicht, allein ihren Rhyth-
mus wiederzugeben, würde ins Dekorative abglei-
ten lassen. Xicht der Typus ist darzustellen, son-
dern der Charakter, der Bau der Landschaft, ihr
Wesen, ihre Stimmung müssen sich offenbaren, so

daß man wie im „Ganale grände" spürt, hier ist
der Geist des alten Venedig, hier zittert in der
Sonnenglut die heiße Luft Taorminas! In der
Tat, diese letzten Landschaften Faistauers halten
jeden Vergleich mit Werken aus den Glanzzeiten
der Landschaftsmalerei.

Die reichen Erfolge dieser Schaffensperiode stärk-
ten die seelische Verfassung des Künstlers, täusch-
ten ihn über den sich ständig verschlechternden
Gesundheitszustand, der dringend einen operati-
venEingriff erforderte, hinweg. Die letzten Werke,
in denen er Urprobleme des Menschlichen zur
künstlerischen Formung brachte, Adam und Eva
und eine Madonna mit dem Kinde, verraten nur
Lebensfreude und innere Harmonie.
Adam und Eva, schon unzählige Male dargestellt
und gedeutet von den Größten der Kunst — dieses
Thema konnte für Faistauer kein reines Problem
der Form oder der einfachen Wiedergabe eines
biblischen Vorganges bleiben. Für ihn liegt im
Gegensatz von Mann und Frau, im Wechselspiel

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