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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Eckstein, Hans: Piloty und die Münchner Kunst, [1]: anläßlich der Wiederkehr von Pilotys 50. Todestag am 21. Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0308

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Ludwig von Hofmann. Assisi, die Rocca

Piloty und die Münchner Kunst

Anläßlich der Wiederkehr von Pilotys 50. Todestag am 21. Juli. Von Hans Eckstein

Auf die nach außen so glanzvollen Münchner Jahr-
zehnte von 1850 bis 1880 fällt beim Rückblick aus
der Distanz von einem halben Jahrhundert ein
schwerer Schatten: es waren nicht Leibi und Ma-
rpes, denen München als deutsche Kunststadt inter-
nationalen Ruhm und Weltgeltung verdankt, son-
dern in der Hauptsache Maler, die Genies weniger
in der Kunst als in der Behandlung des Publikums
waren. Hans Karlinger hat leider recht, wenn er
sagt: ..Es ist kein Ruhmesblatt — die Art. wie die
Ludwigsstadt populär wurde." Doch die Künstler
tragen nur die eine Hälfte der Schuld, die andere ist
dem Publikum zuzusprechen. ..Die Künstlerwelt",
sagt Hans Thoma, „ist voll unglücklicher Liebe zur
Phantasie — der Philister wird dadurch zum Phan-
tasten". Meie, die den Zeitgenossen damals als
Hauptakteure des glanzvollen Münchner Schau-
spiels erschienen, spielten, mit den kritischeren
Augen der Nachwelt besehen, in der Entwicklung

der Kunst nur Statistenrollen. Die Geschichte der
Kunst hat dieser Künstler kaum noch zu gedenken.
Ihre Werke und ihre Publikumserfolge gehören
mehr der Kulturgeschichte als der Kunstgeschichte
an. Das gilt gewiß auch von Pilotys ..gemalten Un-
glücksfällen der Weltgeschichte" (um ein scho-
nungslos enthüllendes Witzwort Moritz Schwinds
zu gebrauchen). Es gilt freilich nicht in gleichen
Graden von dem Lehrer Piloty.
Der begeisterte Beifall, den im Herbst 1845 der
,.Realismus" und die dekorative Farbigkeit zweier
theatralischer Historienbilder der Belgier Louis
Gallait und Edouard de Biefve bei der Münchner
Künstlerschaft fanden, bedeutete eine endgültige
Abkehr von dem romantisch-nazarenischen Karton-
heroismus des Cornelius und seiner Schule. In den
Bildern der Belgier fand die junge Generation, was
sie suchte: Farbigkeit statt der abstrakten Lineari-
tät der Romantiker und eine vermeintlich ..wahre",

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