Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

DOI Artikel:
Weisz, Josef: Die Landschaft und ihre Darstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0200

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Josef Weisz. Attersee im Salzkammergut. Holzschnitt

Die Landschaft und ihre Darstell UnCJ. Von Josef Weisz

Alle Kreaturen leben in der Landschaft, mit ihr
sind sie eins unter dem Kreislauf der Gestirne, dem
herrschenden Gesetz über allem Lebendigen und
Toten. Die Landschaft erhält uns. gibt dem Körper
Nahrung und Kleidung, unserem Denken und Füh-
len den Boden zu schöpferischem Gestalten. Da-
mit erkennen wir auch den Sinn des Wortes Heimat
und gestalten diesen menschlich und künstlerisch
zum Fundament aller Gemeinschaft.
Die Landschaft zu einer Quelle idealen Erlebens zu
machen, blieb in Europa den nordischen Völkern
vorbehalten: sie gaben uns die ersten Dichter und
Maler heimatlichen Bodens. Die Darstellung der
Landschaft ist der große Durchbruch religiösen Er-
lebens durch die sinnliche W ahrnehmung, einfach
und klar, darum auch beglückend für alle Gefolg-
schaft. Von Dürer und Bembrandt bis zu den Bo-
mantikern streift der Klang unsagbarer Dinge mit
mütterlicher Zauberkraft das Herz des Volkes. Als

seine Künstler sind deren Werke auch seine Kinder,
mit welchen es zusammen lebt und wächst.
Diese Treue der Künstler zur elementaren Wahrheit
natürlichen Gestaltens wurde vor Jahrzehnten
durch die Herrschaft eines spekulativen Zeitgeistes
gebrochen: damit verlor sich nicht nur die Einfalt
für alles Schöpferische, sondern auch die handwerk-
liche Sicherheit in der Arbeit. Die wahre Darstel-
lung der Landschaft wurde selten und in einer
fruchtlosen Polemik über Kunst als überwunden be-
lächelt. Aber auch die kulturellen Vorgänge unter-
stehen den Naturgesetzen, und so wie jeder dürre
Ast einmal vom Stamm gebrochen wird, fällt auch
eine unfruchtbare Kunst.

Wir lieben wieder die Landschaft als eine Antwort
auf alle Fragen aus menschlicher Einsamkeit: ein
Leben voll schwerer Verantwortung sucht in ihr
Heiterkeit für alles Beginnen. Aber der Künstler
will nicht nehmen, ohne auch dafür zu geben, so

183
 
Annotationen