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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Christoffel, Ulrich: Landschaftsmalerei: zur Ausstellung "Fünfzig Jahre Münchener Landschaftsmalerei und Bildnisplastik" in der Neuen Pinakothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0159

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Gustav Schönleber (1851—1917). Bauernhaus

Ausstellung ,,£0 Jahre Münchener Landschaftsmalerei"

Landschaftsmalerei. Von Ulrich Christoffel

Zur Ausstellung „Fünfzig Jahre Münchener Landschaftsmalerei und Bildnisplastik" in der Neuen Pinakothek

Albrecht Altdorfers kleines Waldbild in der Alten
Pinakothek ist bekanntlich die erste Landschaft ohne
jede menschliche Figur. In der Blütezeit des deut-
schen Geisteslehens und neben dem absoluten großen
Bekenntnis Dürers zum Menschen hat sich der Er-
zähler Altdorfer ganz der Natur zuwenden und ein
Paradies ohne menschliche Handlung und Erinne-
rung malen wollen. Was aber bedeutete ihm Na-
tur? Hochragende Tannen und Birken, die wie
Säulen den Eingang eines Tales hüten, grüner
Wald, blaue ferne Berge, Wasser und ein hoher
zartbewölkter Föhnhimmel, die sich zu einem
durchdachten, von vielen zeichnerischen Einzelhei-
ten lebendig erfüllten, tonig starken Bildganzen
verbinden. Die Landschaft ohne Menschen ist im-
mer ein Bild voll innerer Form und Gestalt geblie-
ben. Ein Jahrhundert später gab wiederum ein
deutscher Maler, AdamElsheimer, der Landschafts-
kunst eine neue Wendung, indem er die Elemente
der barocken Landschaftsdekoration in seiner tiefen
kontemplativen Anschauung zi; einem feierlichen

Bildton umschmolz und Nacht, Mondschein, Wald-
inneres, Naturstille, Tempel und hohe Bäume in
ihrem Weben und in ihrer malerischen Buhe er-
faßte, Poussin, Bubens und Rembrandt schöpften
aus seinem lauteren Quell. Altdorfer und Elsheimer
haben fast nur Bilder kleinen Formates gemalt, und
das kleine Format, das aber einen Hauch der gro-
ßen Weltnatur in sich sammelt, ist im 18. und
19. Jahrhundert eine Haupteigenschaft des deut-
schen Bildes geblieben, und nur wenige Künstler
haben es ohne Nachteil aufgeben können. Trotz
des bescheidenen Formates ist man vor den Bildern
Altdorfers und Elsheimers nie versucht die Frage
aufzuwerfen, ob die Landschaft an sich überhaupt
eine Aufgabe der Kunst sei oder ob nicht erst die
Durchdringung von Natur, Figur, Bewegung und
Schicksal zu den eigentlich künstlerischen und ma-
lerischen Zielen des Bildes führen könne. A'or der
Landschaftskunst des letzten Jahrhunderts läßt sich
diese Frage nicht immer unterdrücken. Wenn man
wie in der jetzigen Winterausstellung in der Neuen

Kunst f. Alle, Jahrg. 51. Heft ö. M»rz L98C

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