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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Christoffel, Ulrich: Adolf Schinnerer
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0127

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Adolf Schinnerer. Kahnfahrt

Adolf Schinnerer. Von Ulrich Christoffel

In einem Aufsatz über ..Stoff und Stil" vom Jahre
1952 kommt Adolf Schinnerer auch darauf zu spre-
chen, daß der Künstler an die Zeit, in der er lebt
und besonders auch an die vorhergehende, die er
verneint, gebunden sei, und daß er nur die überlie-
ferten Formen, an denen er nicht vorbeigehen
könne, auch wenn er möchte, vertiefen und auswer-
ten könne. Aber er wolle sein eigenes Erlebnis aus-
drücken und strebe über die Formen hinaus, um sich
selber zu geben. Wohin führt ihn der Weg? Ins Un-
bestimmte. Der Alaler „malt nichts Vorbedachtes"
und weiß nicht, „wohin er kommt". Wenn man das
liest, muß man sich erinnern, daß es vor dem Krieg
eine ganze Literatm- darüber gab, daß das Ziel der
gesamten Kunstgeschichte im Impressionismus er-
reicht sei und daß sich in der Freilichtmalerei der
Zweck der Kunst erfüllt habe. Die Künstler fühlten
sich damals in diesem primitiven Selbstglauben ge-

gen alle Zukunft gesichert. Aber der Krieg, die
geistigen Krisen, das Versinken des 19. Jahrhun-
derts, der Expressionismus zerstörten bald ihren
Wahn. Heute haben wir das Gefühl eines neuen
Anbruchs unseres Lebens und unserer Künste. Wir
wissen nicht, was daraus wird, aber die heutigen
Bilder, die nicht so glatt und fertig gemalt sind wie
die frühern, lassen uns ahnen, daß im Boden eine
neue, tiefere Furche aufgerissen wurde und daß
eine Kraft aus den Schollen aufsteigt. Das Malen ist
kein Wissen und Können mehr, es ist ein Aufdecken
und Suchen und der Künstler macht sich mit jedem
Pinsel- und Federstrich zum Werkzeug einer Bewe-
gung, die ihn dem Werdenden, Ungewissen zutreibt
und ihn von den äußern Formen zu den Zeichen
und Gestalten hinführt, zu den Menschen, der Na-
tur, den kalten, strömenden Wassern, zum Schnee
und zum Sommer und zu den Tieren. Das Vörbei-

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