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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Gut, Albert: Neue Land- und Stadtkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0135

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Abb. 1. Katholische Kirche in Wollmesheim, Rheinpfalz
Entwurf: Architekt Wilhelm Schulte, Neustadt a. d. H.

Neue Land- und Stadtkirche n. Von Dr.-Ing. A. Gut

Die Kirchenbaukunst in Deutschland, die auch in
der Zeit des größten Tiefstandes der Bauwirtschaft,
die noch nicht so lange hinter uns liegt, nie ganz
ausgesetzt hatte, hat seit dem mit dem Umschwung
der politischen Verhältnisse eingesetzten Wieder-
aufleben des Bauwesens ebenfalls eine neue Be-
lebung erfahren. UberaU in Stadt und Land werden
zur Zeit wieder Kirchen gebaut. Als vorläufiges
künstlerisches Ergebnis läßt sich dabei eine erfreu-
lich hochstehende und bemerkenswerte gute Durch-
schnittsleistung feststellen. Eindeutige völlige Fehl-
schläge sind äußerst selten geworden. Die Zeiten, in
denen man glaubte, mit der formalen Nachahmung
geschichtlich überlieferter Stilformen lebendige Kir-
chen erbauen zu können, die den Menschen auch
innerlich berühren, scheinen erfreulicherweise vor-
bei zu sein. Desgleichen sind aber auch jene bau-
lichen Auswüchse, deren Schöpfer sich in der ~\ er-
wirklichung extravaganter Ideen nicht genug tun

konnten und mit jedem neuen Erzeugnis ihrer irr-
geleiteten Phantasie etwas Neues, noch nie Dage-
wesenes bieten zu müssen glaubten, um mit ihrem
Geschrei in Steinen die Aufmerksamkeit der Welt
auf sich zu lenken, von der Bildfläche verschwunden.
Im wesentlichen lassen sich hinsichtlich der forma-
len Gestaltung der Kirchenbauten der letzten Jahre
zwei Gruppen unterscheiden. Die erste Gruppe
knüpft zwar an überlieferte Formen an, versteht
diese aber doch so weitgehend mit neuzeitlichem
Empfinden zu durchtränken, daß das so entstan-
dene Bauwerk doch ein Kunstwerk und vor allem
durchaus ein Kind unserer Zeit ist und uns daher
auch etwas zu sagen vermag. Eine zweite Gruppe
sucht in einer eigenen, aus der Zeit erfühlten For-
mensprache zu sprechen, ohne sich und uns Gewalt
anzutun. Beiden Gruppen aber ist als Zeichen unse-
rer Zeit etwas gemeinsam, nämlich das Streben nach
Werkgerechtigkeit, d. h. man ist darauf bedacht,

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