Carl Stock.
Schneckenbrunnen im Garten einer Villa in Frankfurt a. M.
zen zwei große Schnecken, auf deren Gehäuse sich
zwei Putten mit prallen Schenkelchen anklammern.
Mit Tambourin und Flöte begleiten sie das Ge-
plätscher der bogenförmigen Wasserstrahlen, welche
die Linie der emporgereckten Schneckenköpfe fort-
setzen, sich in der Mitte begegnen und so eine
zwanglose Verbindung zwischen den beiden kleinen
Musikanten herstellen. Daß Stock es auch versteht,
sich der Architektur einer schlichten Brunnenan-
lage vollkommen unterzuordnen, beweisen die Re-
liefs an dem Johanna-Duisberg-Brunnen in Lever-
kusen.
Wir sahen, daß Stock sehr gerne den Putto als Ein-
zelfigur oder als Beiwerk für seine Brunnen ver-
wendet. In seinen Zeichenmappen liegen zahllose
Skizzen und Studien solcher Putten. Daß diese
\ orliebe keineswegs eine historische Erinnerung,
etwa an die Renaissance ist. zeigt eine Brunnen-
anlage in Bitterfeld aus dem Jahre 1928. Auf ihr
tummeln sich vier Putten in ausgelassener Fröh-
lichkeit im Reigen. Es sind mehr als rein dekora-
tive Putten, es sind selbständig erfundene Verkör-
perungen gesunder fester Jugend, wie alle Kinder-
gestalten Stocks. Die Fähigkeit des Künstlers, starke
Bewegungen zu gestalten, zeigt sich an dem Bitter-
felder Brunnen in besonderem Maße. Mit welcher
Kraft stoßen die einzelnen Körper auseinander und
nach außen und wie sehr ist doch alle Bewegung
zusammengefaßt in dem Kreis, den die acht Arme
bilden. Der rhythmische rotierende Eindruck des
Reigens ist erzielt durch die einheitliche Drehung
der Oberkörper und der lachenden Köpfe. Eine for-
male Gleichmäßigkeit ist dadurch vermieden, daß
die Kinder abwechselnd in Rück- und Vorderansicht
gegeben sind. Solche Einzelheiten erscheinen am
fertigen Werke selbstverständlich, sind aber letzten
Endes nur möglich als Ergebnis sorgfältiger Kom-
position, klaren Raumgefühles und erfahrenen pla-
stisch-dekorativen Denkens.
Wir haben versucht zu zeigen, daß die Werke Stocks
niemals ohne äußeren Anlaß im Atelier erdacht
sind und heimatlos oder willkürlich in ihrer Umge-
bung stehen. Deshalb sind sie ein Beitrag zur Über-
windung der Krisis der modernen Bildhauerei, die
zwar wertvolle Einzelfiguren hervorbringt, daneben
aber die Beziehungen zu dem Hintergrund aller bil-
denden Künste, zur Architektur und zur Landschaft
vernachlässigt hat. In den Bildwerken Stocks ver-
körpert sich zudem ein Teil der Naturverbunden-
heit und Reinheit der Empfindung, nach denen sich
die Gegenwart wieder so sehr sehnt.
18'
139
Schneckenbrunnen im Garten einer Villa in Frankfurt a. M.
zen zwei große Schnecken, auf deren Gehäuse sich
zwei Putten mit prallen Schenkelchen anklammern.
Mit Tambourin und Flöte begleiten sie das Ge-
plätscher der bogenförmigen Wasserstrahlen, welche
die Linie der emporgereckten Schneckenköpfe fort-
setzen, sich in der Mitte begegnen und so eine
zwanglose Verbindung zwischen den beiden kleinen
Musikanten herstellen. Daß Stock es auch versteht,
sich der Architektur einer schlichten Brunnenan-
lage vollkommen unterzuordnen, beweisen die Re-
liefs an dem Johanna-Duisberg-Brunnen in Lever-
kusen.
Wir sahen, daß Stock sehr gerne den Putto als Ein-
zelfigur oder als Beiwerk für seine Brunnen ver-
wendet. In seinen Zeichenmappen liegen zahllose
Skizzen und Studien solcher Putten. Daß diese
\ orliebe keineswegs eine historische Erinnerung,
etwa an die Renaissance ist. zeigt eine Brunnen-
anlage in Bitterfeld aus dem Jahre 1928. Auf ihr
tummeln sich vier Putten in ausgelassener Fröh-
lichkeit im Reigen. Es sind mehr als rein dekora-
tive Putten, es sind selbständig erfundene Verkör-
perungen gesunder fester Jugend, wie alle Kinder-
gestalten Stocks. Die Fähigkeit des Künstlers, starke
Bewegungen zu gestalten, zeigt sich an dem Bitter-
felder Brunnen in besonderem Maße. Mit welcher
Kraft stoßen die einzelnen Körper auseinander und
nach außen und wie sehr ist doch alle Bewegung
zusammengefaßt in dem Kreis, den die acht Arme
bilden. Der rhythmische rotierende Eindruck des
Reigens ist erzielt durch die einheitliche Drehung
der Oberkörper und der lachenden Köpfe. Eine for-
male Gleichmäßigkeit ist dadurch vermieden, daß
die Kinder abwechselnd in Rück- und Vorderansicht
gegeben sind. Solche Einzelheiten erscheinen am
fertigen Werke selbstverständlich, sind aber letzten
Endes nur möglich als Ergebnis sorgfältiger Kom-
position, klaren Raumgefühles und erfahrenen pla-
stisch-dekorativen Denkens.
Wir haben versucht zu zeigen, daß die Werke Stocks
niemals ohne äußeren Anlaß im Atelier erdacht
sind und heimatlos oder willkürlich in ihrer Umge-
bung stehen. Deshalb sind sie ein Beitrag zur Über-
windung der Krisis der modernen Bildhauerei, die
zwar wertvolle Einzelfiguren hervorbringt, daneben
aber die Beziehungen zu dem Hintergrund aller bil-
denden Künste, zur Architektur und zur Landschaft
vernachlässigt hat. In den Bildwerken Stocks ver-
körpert sich zudem ein Teil der Naturverbunden-
heit und Reinheit der Empfindung, nach denen sich
die Gegenwart wieder so sehr sehnt.
18'
139