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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Berliner Nachlese
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Galerie F. Möller, Berlin

Hans Weidemann. Ebbe

tig werden muß. Es zeigt sich da mehr wie je.
welche hohe Aufgabe dem Künstler gestellt ist. und
daß eigentlich nur er dem, der zu sehen und zu
..schauen" vermag, helfen kann. Der Mensch, die
stille Natur, das Tier, also Leben, das zugleich
außen und in uns ist, alles was Schale und Kern
unseres Daseins bedeutet, mit dem man bis zum
Tode ,,fertig" werden muß — dies ist das „Gegen-
ständliche"" der Kunst unserer Tage. Der Sinn da-
für ist nicht erst heute, sondern schon in der Gene-
ration vor uns erweckt worden: gleichviel, es sind
Forderungen des Ewigen, und man darf zu der Ge-
genwart Ja sagen, die entschlossen scheint, ihn zu
pflegen. Für die Vielheit des Widerklanges werden
die Temperamente sorgen, wenn auch zur Zeit zu-
rückhaltender Ernst den Ton angibt.
An so großem Maßstab mag manches noch unvoll-
endet erscheinen, aber Ziel und Wille sind doch
überall erkennbar.

Zwei scheinbar grundverschiedene Auffassungen
von der Natur zeigen die Bilder von Hans Weide-
mann und Ernst Thonis, und doch ist ihnen das

stille Ahnen gemeinsam. Thoms sucht das Intime
fühlbar zu machen; wenn sich auf seinem Bilde der
Blick aus der Horizontale des Vordergrundes, an
der Achse der rechts stehenden Birke, in die Tiefe
dreht, so dankt man ihm für das Erlebnis eines
sonst vielleicht nicht entdeckten Eindrucks des
Räumlichen. Weidemann gibt uns in der ,,Ebbe"
den Stillstand zwischen ewig wechselnden Gezeiten
deutlich zu spüren und weiß diese Empfindung mit
geballter Farbe zu verstärken. — Die Menschen-
gruppe von Otto Andreas Schreiber enthält viel von
dem, was trennt und bindet und nur mit Treue
zu sich selbst ertragen werden kann. — Was ir-
dische Trennung, Schmerz des Verlorenen bedeutet,
lebt in der Grabplastik von Rudolf Bosselt, — Er-
wachen des Körperlichen zu seiner Bestimmung in
der sorgfältig komponierten ,.Hockenden"" von
Günter von Scheven. — Wilhelm Philipp gibt mit
Humor eine Vision des dumpfanimalischen Hin-
lebens im Tierstall. — Im Grunde alles Alltäglich-
keiten, aber wir sehen sie gern so, wie ein Künstler
sie sah. F- H-

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