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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

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Täuschende Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0263

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Conrad Reinherz. Schafherde

Neuerwerbung der Städtischen Galerie München

Malet er ein Kerzenlicht,

Kreisen Schmetterlinge dicht."
Die Königin Anna von England litt an der Idio-
synkrasie, durch den Anblick und den Geruch von
Rosen ohnmächtig zu werden. Als sie einmal eines
der bekannten Blumenbilder Daniel Seghers sah,
ergriff sie ebenfalls eine Ohnmacht. Die Rosen auf
dem Gemälde waren derart täuschend echt gemalt,
daß selbst diese ..toten" Blumen auf die unglück-
liche Königin noch einwirken konnten.
Das Spiel mit der Täuschung in der Kunst geht
durch die ganze Geschichte der Malerei, und es sind
nicht immer nur Laien, die auf diese Späßchen her-
einfallen. Das zeigt auch die Geschichte, die man
von Quentin Massys, dem großen Niederländer, er-
zählt. Als seine Tochter eines Tages ihr Herz einem
einfachen Schmied schenkte, geriet der Künstler
gegen sie und verbat ihr diese nicht standesgemäße
Ehe. Da versuchte sich der Schmied auch in der
Kunst und wurde ein richtiger Maler. Als er einmal
während der Abwesenheit Quentin Massys in des-
sen Werkstätte kam, malte er auf den Schenkel
eines gemalten Heiligen eine Fliege. Wie nun
Massys einige Tage später vor das Bild trat, ver-

suchte er die Fliege wiederholt zu verscheuchen, bis
er endlich gewahr wurde, daß diese so täuschend
ähnlich gemalt war. Als ihm die Tochter, die ihn'
dabei beobachtete, den Sachverhalt erklärte, schmolz
das rauhe Yaterherz und er gab dem so talentvollen
Schmied die Hand seiner Tochter. Nach der Uber-
lieferung soll dieser Schmied kein geringerer als der
„niederländische Baffael" Frans Floris gewesen
sein, doch war dieser beim Tode Massys erst drei-
zehn Jahre alt, und für die ganze hübsche Anek-
dote wohl noch viel zu jung.

Auch von Raffael wird eine nette Geschichte er-
zählt, derzufolge er mit Hilfe seiner Kunst einige
seiner Landsleute täuschte. In seinen Jugendjahren
hielt er sich einmal in einem Wirtshause auf und
machte dort im Laufe der Zeit eine ziemlich große
Zeche, obwohl er kein Geld hatte, diese zu bezahlen.
Eines Tages verlangte er die Rechnung. Als der
Wirt ihm diese auf das Zimmer brachte, sah Raffael
sie genau durch und bat dann den Wirt in zwei
Stunden wiederzukommen, dann werde sein Geld
bereit liegen. Der Wirt verschwand und Raffael
malte nun auf den Tisch seines Zimmers Gold- und
Silbermünzen, genau im Betrage seiner Zeche.

Fortsetzung Seite 247

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