Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

DOI Artikel:
Klages, Ludwig: Arnold Böcklin, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0126

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Willy Kriegel. Verschneiter Bach

Große Deutsche Kunstausstellung Mönchen 1941

noch speist sich aus der Seele des tellurischen Wassers,
an das wir jetzt so nahe herantreten wollen, als es ge-
schehen mag, ohne die Kraft des Schauens zu schwä-
chen.

Dem volkstümlich gewordenen „Spiel der Wellen"
läßt sich zweifelsohne ein humoristischer Reiz abge-
winnen. Nähme man ihn weg, es wäre nicht mehr,
was es ist. Und sollte jemand durchaus einen leisen
Stich ins „Genrehafte"" darin bemerken und wenig-
stens in den zwei Akten der rechten Bildhälfte nur
zwei rüstige Schwimmerinnen sehen, sogar nicht ohne
zeitt}rpische Züge (von anderswo gerügten Verzeich-
nungen schweigen wir), wir müßten es gelten lassen:
allein das wären schlimmstenfalls winzige Kunstfeh-
ler am unwiderstehlich bezwingenden Bildgebalt: die
Wasserseele als Meereswoge erscheinend. Und gerade
weil das Bild durch und durch unpathetisch ist, auf
die Ferneerscheinung (nicht ganz, aber fast) verzich-
tet und an dem gewaltigen Element seine gutmütig
plumpe Seite herauskehrt, erlaubt es den unmittel-

baren Nachweis, daß so tief keinem Bildner zuvor das
Wasserwesen sich aufgetan hatte.
Eines müssen wir nicht mehr verteidigen, weil es kei-
nem verstehenden Beschauer entgangen ist, daß näm-
lich mindestens der ungeschlachte Wasserkentaur, die
Nixe im Vordergrund, der faunische Meermann ne-
ben, der tiefseegesichtige hinter ihr mit dem Wasser,
aus dem sie auftauchen, wesenhaft eines und dasselbe
sind. Ob sie gleich teilweise Schwimmbewegungen
machen, sie haben es nicht nötig zu schwimmen; sie
können im Meere so wenig untergehen, wie die rol-
lende Woge untergeht, und sie können ebenso plötz-
lich wieder verschwunden sein, wie die Woge ver-
schwindet, sei es im geglätteten Wasserspiegel, sei es
in den Schaumzungen, die am Ufer in sich selber zer-
rinnen. Wohl Dichter, nicht Maler sind uns begegnet,
die uns gleich Böcklin Einblick gewähren in den
Y\ erdegrund dämonischer Mythengestalten des Alter-
tums, solcherweise zwei Wahrheiten recht eigentlich
uns „vor Augen stellend": im Gegensatz zu den an-

(Fortsetzung auf S. 70)

64
 
Annotationen