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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Christoffel, Ulrich: Angelika Kauffmann: zu ihrem 200. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0130

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unter dem Namen eines schwe-
dischen Grafen Horn die Dop-
pelrolle eines glänzenden Ka-
valiers in den Salons und eines
Falschspielers in den Kaschem-
men spielte. Unkundig des Le-
bens, vertraute ihm Angelika,
und er vermochte sie zu einem
heimlichen Eheschluß zu be-
wegen, durch den er Herr
über ihr Vermögen wurde.
Die Enttäuschung blieb nicht
aus. Nur unter schw-eren
Opfern konnte Angelika 1 768
die Scheidung erlangen. Diese
Erfahrung verdüsterte ihre
Jugend, aber ihr gesundes,
engelhaftes Gemüt ließ sich
nicht verbittern. Sie blieb noch
mehr als ein Jahrzehnt in
England und war, stets ge-
feiert, pausenlos tätig. Auf
den Wunsch des alternden
Vaters heiratete sie am 14. Juli
1781 den venezianischen Ma-
ler Francesco Zucchi, der
fünfzehn Jahre älter war und
der ihr bis zu seinem Tode
1795 als ritterlicher Beschüt-
zer zur Seite stand. Das Paar
verließ am Tage nach der
Hochzeit England und reiste
mit dem Vater über Belgien
nach Vorarlberg und dann
nach Venedig zur Familie
Zucchis.

Im selben Jahre zog Angelika
mit Zucchi nach Rom, das sie
nur mehr für kürzere Auf-
enthalte am Hofe von Neapel
und im Jahre 1802 für eine
Angelika Kauffmann. Lady Hamilton Erholungsreise nach Como

Privatbesitz und Venedig verließ. In Ne-

apel malte sie die königliche
Familie, deren Kinder sie im

fand in Angelika eine verständnisvolle, gebildete Hei- Zeichnen unterrichten sollte. Auch entstand hier
ferin, die auf Kamine, Fensterleibungen. Türen und eines ihrer besten Werke, das Bildnis der Lady
Decken mythologische Szenen von anmutiger Erfin- Hamilton. In Rom übernahm sie die ehemalige Woh-
dung malte. Die englische Bildnismalerei stand da- nung des Anton Raphael Mengs an der Via Sistina 72.
mals in ihrer Blüte, und Angelika konnte sich dem wo sie nun von allen fürstlichen und gelehrten Rei-
Einfluß ihrer neuen Umgebung nicht entziehen. senden und besonders von allen Künstlern aufgesucht
Wenn sie schon von Natur ein seltsames Einfühlungs- wurde. Auch Ludwig I. von Bayern konnte sie in
vermögen besaß und ihre Auftraggeber daher immer ihren letzten Jahren noch empfangen. Obwohl Ange-
befriedigt entlassen konnte, kräftigten sich in Lon- lika Deutschland kaum kannte, besaß sie viele Ver-
don ihre Bildgebimg, Zeichnung und Charakteristik ehrer an den deutschen Höfen und stand besonders
von Jahr zu Jahr. Ihrer Anlage nach mußte sie sich mit den Fürstinnen von V eimar und Dessau in
zu der farbig verschleierten, geistreich empfindsamen freundschaftlicher Verbindung. Schon von London
INIalerei Gainsboroughs hingezogen fühlen, aber sie aus hatte sie Briefe mit Geßner, Gleim und Klop-
wurde von dem selbstbewußten, klugen Sir Joshua stock gewechselt. Für Klopstock wollte sie den Mes-
Reynolds besonders gesucht und bewundert. Er ließ sias illustrieren, und der Dichter war glücklich über
sich von ihr malen und w-ar von ihrem Wesen so ent- diese Aussicht. Auch malte sie. angeregt durch Klop-
zückt, daß er sie heiraten wollte. Doch lehnte sie den stock, eine Hermannsschlacht, wie sie überhaupt neben
Antrag ab. den Bildern der Phryne, Adonis, Psyche, Ariadne

Bald darauf fiel sie einem Betrüger zum Opfer, der schon früh auch realistische Geschichtsbilder entwarf.

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