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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 7
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Waldmann, Emil: Die internationale Kunstausstellung in Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0383

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gezeichnet, und die malerische Behandlung von jener
feinen Geschlossenheit, die dem mächtigen Maler der
„Baigneuses" und der „Source" eigentlich nicht so sehr
geläufig war, wie vielmehr Corot. Courbet und Corot
waren damals des öfteren in ihrer Arbeit zusammen. —
Von der Stillebenserie des Jahres 186^, die in Saintes
entstand, sind die berühmten „Magnolias" (ehemals bei
P. A. B. Widener in Philadelphia) aus Bremer Privat-
besitz ausgestellt; die „Cacteen und Tulpen" fanden
gleich am ersten Tag der Ausstellung einen Liebhaber,
und da auch der berühmte Kirschenzweig in hiesigem
Besitz ist, nennt Bremen jetzt eine herrliche Trinität
von Stilleben Courbets sein eigen. — Prachtvoll in der
Malerei, wenn auch nicht bildma'ssig geschlossen, ist eine
Aktstudie zur liegenden Psyche des „Venus undPsyche"-
bildes von 1863, eine souveräne Darstellung eines un
geheuer lebendigen Halbaktes. — Im Laufe dieses Jahr-
zehntes wird Courbet immer heller, Pleinairprobleme
und Lichtprobleme beschäftigen ihn in neuem Sinne
(das „Enterrement" und die „Lutteurs" sind ja eigent-
lich keine Pleinairbilder), und diesen intimeren Studien
verdankt ein Bild, der „Knabe im Walde" sein Dasein,
ein sehr merkwürdiges und für Courbet in den impres-
sionistischen Tendenzen etwas ungewöhnliches Werk
von erstem Range. Aus den letzten Lebensjahren des
Künstlers stammt das Brustbild des Mr. Bordet, eines
schönen langba'rtigen Südfranzosen, (schwarzes Haar,
braunrotes Inkarnat, weisser Anzug, grauerHintergrund),

RUDOLF TEWES, BILDNIS DES HERRN DR. BONER

AUG. RENOIR, MADAME CHOCQUET

eines Courbetfreundes, der im Jahre 1870, wo er gemalt
wurde, sich die „femme au perroquet" für 15000 Frs.
kaufte.

Die Gruppe der Impressionisten ist durch Manet,
Monet, Renoir, Pissarro und Sisley vertreten. Manets
„Skating" und ein frühes Fischstilleben sind bekannt
genug, um sich mit einer Erwähnung begnügen zu
können. Von Claude Monet sind einige sehr schöne
Parkbilder aus dem Anfang der achtziger Jahre ausge-
stellt, eins mit einem leuchtenden Geranienbeet vorn
und einigen Menschen unter den Bäumen des Hinter-
grundes, und ein anderes in einer gelbgrünen Harmonie.
Hier ist Monet sehr glücklich gewesen, er hat noch mehr
Sinn für Struktur als in manchen späten, ganz dunstigen
Bildern und auch mehr Sinn für Ton und Valeur. Von
Renoir sieht man, ausser einer Reihe von Stilleben, zwei
Arbeiten etwa um 1881, aus jener blauen Periode, die auf
die sogenannte Emailleperiode folgte, einen Frauenkopf
und ein kleines Damenbildnis in ganzer Figur, Mme.
Chocquet, mit dem Rücken gegen ein offenes Fenster
gelehnt, ein Bild in Blau, Grün und Rosa von bezaubern-
dem Lichtspiel, mit Fröhlichkeit und Zärtlichkeit ge-
schaffen. — Der Hauptakzent in der Impressionisten-
gruppe liegt aber diesmal auf Camille Pissarro. Man ist
gewohnt — vielleicht unter dem Einnuss von Georges
Moores „Erinnerungen an die Impressionisten" — ihn
als einen Nachläufer Claude'Monets anzusehen. Er ist
aber mehr als dies. Aus dem Anfang der siebziger Jahre
sehen wir eine kleine Landschaft aus Argenteuil, sehr

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