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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 11
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Muthesius, Hermann: Städtebau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0543

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STÄDTEBAU

VON

HERMANN MUTHESIUS

m Haushalte der mensch-
lichen Kultur speichern sich
zu Zeiten Bedürfnisse auf,
die, lange unbeachtet, sich
plötzlich mit elementarer
Macht Geltung verschärfen.
So ist es mit der Ordnung
unseres Wohnungswesens,
dem Gebiete, das wir heute unter dem Begriff
„Städtebau" zusammenfassen. Noch vor wenigen
Jahrzehnten war der Begriff unbekannt; heute
können wir verzeichnen, dass eine Ausstellung,
die dem Städtebau gewidmet ist, fast zur Sen-
sation des Tages geworden ist. Ungeahnte Über-
raschungen, eine grosse Offenbarung sprechen aus
dieser Ausstellung. Das nach der bisherigen Mei-
nung so spröde Gebiet der Anlegung von Strassen,
der Schaffung von Verkehrsmitteln, der Baupolizei-

gesetzgebung, es hat plötzlich allgemeines und
weitgehendes Interesse gewonnen. Über Nacht
ist die Erkenntnis aufgestiegen, dass hier vielleicht
die notwendigsten und dringendsten Aufgaben vor-
liegen, die unsere Zeit zu erfüllen hat, Aufgaben,
denen wir nicht mehr ausweichen können, deren
Lösung geradezu für die Zukunft unserer Nation
ausschlaggebend ist. Der Grund für die Dringlich-
keit der Aufgaben ist nicht allein in der rapiden
Bevölkerungszunahme Deutschlands zu erblicken,
denn ähnliche neue Strömungen auf städtebau-
lichem Gebiete beobachten wir in allen Ländern;
das Bedürfnis nach Ordnung geht durch die ganze
Welt. Es ist also aus der Zeit zu erklären.

Das neunzehnte Jahrhundert war das Jahr-
hundert eifrigster Erwerbsarbeit auf der Grundlage
moderner,ihm allein eigentümlicher wirtschaftlicher
Verhältnisse. Nachdem durch die wissenschaftliche

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