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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 12
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0628

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Ausstellung in Darmstadt müsse man gegen Darmstadt
„wohlwollend" sein, hätte in solchem Rahmen eigentlich
keinen Platz. Man ist übrigens nachsichtig auch gegen
Nicht-Darmstädter gewesen, gegen schwache Erzeug-
nisse von bekannten Namen. Das schadet nur; Sachen,
wie Vogelers „Antikes Märchen" und „Porträtakt im
Sonnenschein" gehören nicht dahin, wo Maassstab und
Vorbild gegeben werden sollen. Am wenigsten er-
freulich wirkt der erste Oberlichtraum. Das Porträt des
Grossherzogs von Hessen ist eines von den schlimmsten,
die dieser freundliche Fürst hat erdulden müssen. Für

porträts im Innenraum, mit seinem prinzipiellen Ver-
zicht auf alles Laute, der heute selten ist. In Hamburg
ist Kalckreuth mit seiner neuen Studie, einem Selbst-
porträt, das ihn als Radierer in Hemdärmeln, mit der
Kupferplatte auf den Knien, giebt, und mit einer Zeich-
nung nach seiner Tochter vertreten. Die „Angler auf
der alten Liebe" geben wir hier wieder.

Otto Höger, ein junger Hamburger, erhielt den
Preis der Villa Romana-Stiftung. Für Florenz passt nicht
jeder Deutsche und mir scheint, man hat bei den früheren
Preiserteilungen auf Temperament und Individualität

MAX LIEBERMANN, HAMBURG. LITHOGRArHIli

ihn, der schwer nein sagen kann, hat beim Porträtieren-
lassen das Fürstenwort: „Lerne leiden ohne zu klagen"
eine besondere Bedeutung. — Otto Sohn-Rethel hat ihn
in einer ausgewählt ungünstigen Haltung gemalt, die
ganz gezwungen und unnötig erscheint, weil Ernst
Ludwig von Hessen sich selten so verkrümmt und ver-
bogen giebt, wie auf diesem Stuhle!

Die Porträts sind sonst ziemlich das Stärkste auf
der Mathildenhöhe. Obenan das verblüffend rassige
Selbstporträt Liebermanns, ein Selbstbildnis Wilhelm
Laages, ein Porträt Erich Buchwald-Zinnwalds: „Bildnis
des Malers MB" und Slevogts „Piqueur". Graf Kalck-
reuth bringt eines seiner stillen, sachlichen Frauen-

zu wenig Rücksicht genommen. Höger ist Schüler
Ludwigs von Hofmann. Sein etwas kühler, reiner Blick
für Körper in der Sonne, für Körper-Komposition im
freien Räume lassen ihn für Toskana und seine Hoch-
kultur besonders prädestiniert erscheinen. Voraussicht-
lich bringt sie erhöhte Temperatur in sein Blut.

Hans Meid (Berlin), der „Sieger" in Hamburg, kam
mit fünf Konkurrenten um den Villa-Romana-Preis in
die engere Wahl. Seine auf die Kupferplatte leichthin-
geritzten Einfälle zeigen Spättechnik eines Frühreifen.
Ein wenig Esprit des zweiten Kaiserreichs, dazu im
Dekorativen etwas von Diesem und Jenem, ein Mor-
bider Sarkasmus des Striches, der suggestiv wirkt bei

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