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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 12
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Chronik / Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0635

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Grundierung geht derVerfasser leichtfertig
hinweg. Im übrigen traut Kaemmerer dem
Kunsthistoriker Rooses ohne weiteres mehr
zu als dem Kunsthistoriker von Tschudi.
Es liegt mir fern, den verdienten Rubens-
forscher Rooses herabzusetzen. Aber wem
derartige Entgleisungen passieren wie mit
dem Frauenbild der Slg. Weber, der hat
nicht von vornherein die grössere Glaub-
würdigkeit für sich. Herr Kaemmerer ist
entweder nicht genügend unterrichtet,
oder er glaubt die vorteilhafteren Dinge am
liebsten. Wahrscheinlich trifft das Erste zu.
Denn von einem Forscher wie Tschudi ver-
langen, er solle sich mit den Meinungen
von Adolf Rosenberg (die zum Teil auf
Rooses beruhen) auseinandersetzen — dies
kann nur ein in Wissenschaft und Methode
vollständig unbewanderter Mann ver-
langen.

Das zweite Rubens-Bild, in das
Tschudi eingegriffen haben soll, ist das
Gemälde „Die beiden Satyrn". Kaemmerer
schreibt hierüber: Rooses macht folgende
Angaben: „Grösse des Bildes 76X66. Das
Bild datiert unbestreitbar aus der ersten
Epoche des Meisters und wahrscheinlich
von seinem Aufenthalt in Italien. Es ist
durchaus von der Hand des Rubens. Das
Gemälde ist an allen Seiten vergrössert
worden. (III. p. 92.)"

Kaemmerer fügt hinzu: „Daraus ist
zu entnehmen, dass Rooses die An-
stückelungen von der Hand des
Rubens hält."

Herr Kaemmerer ist der deutschen
Sprache, wie man sieht, nicht hinreichend
mächtig. Wer aus solchem Satze solche
Folgerungen zieht, kann einfach kein
Deutsch. Und wer so wenig Deutsch kann,
denkt unklar. Zu wie schweren Konse-
quenzen eine solche Denkweise aber führen
kann, beweist folgender Satz Kaemmerers:

„Wenn aber diese Eingriffe in der ästhetischen
Anschauung Einzelner ihre Ursache haben, sind sie
durchaus verwerflich. Das ästhetische Urteil
entspringt dem Gefühl, das heisst es ist sub-
jektiv, und es unterliegt keiner Kontrolle
durch die Kritik der Vernunft. Es ist eine Ge-
schmacksache, sogar Modesache."

Gegenüber solchen Äusserungen muss man ernst-
haft fragen: wie ist es möglich, dass jemand, der diesen
ungeheuerlichen Unsinn über das Wesen des ästhe-
tischen Urteils von sich giebt, einen Redakteur und
einen Verleger findet? Und woher nimmt ein solcher
Schriftsteller den Mut einem Mann von den Verdiensten



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AI BRECHT DURER. FEDERZEICHNUNG

Tschudis so schwerwiegende Vorwürfe zu machen?
Es ist eine Anmaassung des Verfassers, zu erwarten,
dass sich ein ernsthafter Gelehrter mit einem Ästhe-
tiker von seinem Schlage wissenschaftlich auseinander-
setzen wird. Emil Waldmann.

Der Hausschatz deutscher Kunst der Ver-
gangenheit (Verlag von Fischer und Franke, Berlin)
bringt im dreizehnten Hefte zwanzig Federzeichnungen
altdeutscher Meister aus dem Besitz des Kgl. Kupfer-
sticlikabiners zu Berlin, ausgewählt und eingeleitet von
Jaro Springer.

Nachdem in dieser Folge von Neudrucken bedeuten-
derGriffelkunstweike aus der grossen Zeit der deutschen

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