AUGUST RENOIR, LESENDES MÄDCHEN
dahin gestreute Fruchtbarkeit sammeln, in der „Ver-
wundeten Baigneuse" bei Gangnat und in dem i 9 i i
in Bayern auf dem Lande gemalten „Hirtenknaben",
bei Thurneyssen, und selbst in dem üppigsten Bilde
der letzten Zeit, der „Dame auf der Empire-Otto-
mane", bei Vollard, der Madame Recamier Renoirs.
Da verbindet es sich mit gleissenden Reflexen von
unerhörter Kühnheit. Es ist das mildernde und zu-
gleich erhöhende Element des Optimisten und die
verborgene Säule der ganzen Entwicklung, die
Kraft, die den verwegenen
Tanz der Farben zum Nimbus
des Symbols verwebt.
„La fin," sagte Poussin,
„est la delectation."
Ich habe, obschon wenig
genug, zu viel von dem Maler
gesprochen, um noch lange
des Bildhauers gedenken zu
können. In dem letzten Jahr-
zehnt, der Zeit, die den reinsten
Maler werden Hess, in der
Greisenzeit des Menschen,
der kaum noch den Pinsel
zu halten vermag und dem
der dünne Farbenauftrag wie
einst dem greisen Tizian,
schon weil dazu geistige Kraft
gehört, angepasst scheint, hat
Renoir Plastiken geschaffen.
Erst 1907, aus Laune ein
kleines Relief mit dem Kopf
seines jüngsten Sohnes, dann
im Frühjahr 19 14 die voll-
kommene Rundplastik eines
nackten Mädchens, etwa in
halber Lebensgrösse, eins der
schönsten Werke zeitgenössi-
scher Plastik. Die physio-
logische Seite des Wunders,
dass solche Greisenhände
solche Formen, steinerne und
denStein belebend,zu schaffen
vermögen, ist nichts neben
dem psychologischen Wunder, dass sie es nicht
schufen, dass ein anderer Mensch die Kraft des
Meisters in den Stoff trug. Renoir gab nur eine
modellierte Skizze des Kopfes und Zeichnungen der
Gestalt. Ein Jünger stellte sich neben den Kranken-
stuhl und formte unter seiner Aufsicht. Und es
war, erzählte mir einer, der dabei war, als hielten
die Augen des Meisters die Hand des Schülers im
Bann, als ob es seine eigene wäre.
La fin est la delectation.
h
dahin gestreute Fruchtbarkeit sammeln, in der „Ver-
wundeten Baigneuse" bei Gangnat und in dem i 9 i i
in Bayern auf dem Lande gemalten „Hirtenknaben",
bei Thurneyssen, und selbst in dem üppigsten Bilde
der letzten Zeit, der „Dame auf der Empire-Otto-
mane", bei Vollard, der Madame Recamier Renoirs.
Da verbindet es sich mit gleissenden Reflexen von
unerhörter Kühnheit. Es ist das mildernde und zu-
gleich erhöhende Element des Optimisten und die
verborgene Säule der ganzen Entwicklung, die
Kraft, die den verwegenen
Tanz der Farben zum Nimbus
des Symbols verwebt.
„La fin," sagte Poussin,
„est la delectation."
Ich habe, obschon wenig
genug, zu viel von dem Maler
gesprochen, um noch lange
des Bildhauers gedenken zu
können. In dem letzten Jahr-
zehnt, der Zeit, die den reinsten
Maler werden Hess, in der
Greisenzeit des Menschen,
der kaum noch den Pinsel
zu halten vermag und dem
der dünne Farbenauftrag wie
einst dem greisen Tizian,
schon weil dazu geistige Kraft
gehört, angepasst scheint, hat
Renoir Plastiken geschaffen.
Erst 1907, aus Laune ein
kleines Relief mit dem Kopf
seines jüngsten Sohnes, dann
im Frühjahr 19 14 die voll-
kommene Rundplastik eines
nackten Mädchens, etwa in
halber Lebensgrösse, eins der
schönsten Werke zeitgenössi-
scher Plastik. Die physio-
logische Seite des Wunders,
dass solche Greisenhände
solche Formen, steinerne und
denStein belebend,zu schaffen
vermögen, ist nichts neben
dem psychologischen Wunder, dass sie es nicht
schufen, dass ein anderer Mensch die Kraft des
Meisters in den Stoff trug. Renoir gab nur eine
modellierte Skizze des Kopfes und Zeichnungen der
Gestalt. Ein Jünger stellte sich neben den Kranken-
stuhl und formte unter seiner Aufsicht. Und es
war, erzählte mir einer, der dabei war, als hielten
die Augen des Meisters die Hand des Schülers im
Bann, als ob es seine eigene wäre.
La fin est la delectation.
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