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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 6
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Waldmann, Emil: Der Galeriediener als Erzieher
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0302

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DER G A L E R I E D IE N ER ALS ERZIEHER

VON

EMIL WALDMANN

Früher gab es eigentlich nur Originale als Kustoden in
Bildergalerien. Der Typus stirbt aus, derBeamte hat
gesiegt. DerBeamte, der nicht redet, und wenn er ein-
mal redet, besser gescfiwiegen hätte. Es ist ein arroganter
Ton in dieKustodenweisheit von heute gekommen. Wohl
muss es schwer sein, wenn man so jahrelang durch die
Säle einer Galerie wandert, sich keine Meinung über
die Sachen zu bilden, derentwegen dieLeute herkommen,
wenn sie überhaupt herkommen. Noch schwerer, diese
Meinung, die ja ganz nie ausbleibt, dann bei sich zu be-
halten. Einer, in Florenz, ist darüber einmal wahnsinnig
geworden und hämmerte in einem Tobsuchtsanfall die
berühmte Franqois-Vase in Scherben, weil sie ihn ärgerte,
mit ihrem hochmütigen einsamen Dastehen unter einem
Glassturz und mit ihren irrsinnigen schwarzen Panthern.
Aber dennoch, es ist besser, dass die Aufseher nicht mit
den Besuchern reden. Vor einigen Monaten kam ein
Fremder, der sich für Bilder interessierte, nach München
und wollte sich die Tschudi-Spende ansehen, diese Ge-
mälde von Manet und Cczanne und van Gogh, die unter
Tschudi ihren Einzug in die Pinakothek gehalten hatten.
Er fragt den Galeriediener, wo er den Saal zu suchen
habe. Aber der war noch von der alten Richtung, so
aus der Lenbachzeit, und sagte: „Is gsperrt; war aber
auch Schad um die Zeit, is eh nix G'scheites dabei"
Der Galeriediener als Erzieher hat seine bedenklichen
Seiten.

Das ist kein Einzelfall, die Herren lehnen „die
Moderne" ab. Es nützt ihnen ja nichts, aber es macht
hoffnungsvolle junge Gemüter, auch vom Lande, doch
kopfscheu, wenn so ein vor Bildern ergrauter Veteran
mit der Tapferkeitsmedaille etwas ablehnt. Auf bayrisch
mags noch gehen, aber auf hannoveranisch! Da fragt
einmal ein Reisender, wo denn die neue Landschaft von
Slevogt, die Ansicht von Frankfurt am Main, hänge.
„Ist Gott sei Dank nicht mit ausgestellt." Sehr alert
und bestimmt, aber ganz ohne Humor. Slevogt scheint
es überhaupt mit diesen gestrengen Herren verdorben
zu haben. Von Liebermanns Ruhm haben sie nun so lange
gehört, dass siedanichtsmehrsagenmögen. AberSlevogt,
dieser junge Mann, scheint ja ganz wild zu sein; also
wird gewarnt. In der Dresdener Galerie hängen jetzt
seine ägyptischen Landschaften und wenn sich nun die
Kunstfreunde von auswärts, die dem Oberstock dieser
Galerie einen Besuch abstatten und ziemlich enttäuscht
sind über das ziemlich mittelmässige Niveau, das die
Galerie von früher her noch belastet, sich zum Schluss
an diesem Sievogt-Zyklus erfrischen wollen, und fragen
nun nach dem Wege zu dieser Oase, dann meint der

Galeriediener: ,,Da missen se ganz hinter gähn, ganz
rechts, da warn Se Ihre Freide erläbn!" Bei dem Herrn,
einem Sammler, dem es passiert ist, schadet es ja nichts,
der wusste Bescheid. Aber wenn nun einmal Sonntag
ist und das Volk, für das doch auch die Kunst und die
Museen da sind, will sich bilden oder sich freuen und der
uniformte Mann, an den es sich vertrauensvoll wendet,
der es doch von Berufs und Anstands wegen wissen
muss, macht die Leute konfus und infiziere sie gar mit
seinem Negergeschmack, dann fragt man sich doch:
was ist zu teuer (da von Staatswegen bezahlt), die
Slevogts oder das Gehalt von dem Mann? Früher
passierten mit Slevogt wenigstens noch amüsantere Ge-
schichten, die nur ihre komische, nicht auch ihre ernste
Seite hatten. Der weisse d'Andrade war in München
ausgestellt, in der Sezession glaube ich, reichlich ein
Dutzend Jahre ist es her. Nun besitzt der Künstler eine
Tante in Bayern, die mit Prophetengabe ausgestattet ist
und die schon um die Jahrhundertwende felsenfest davon
überzeugt war, ihr Neffe sei nun einmal der berühmteste
Mann des Jahrhunderts oder vielmehr zweier Jahr-
hunderte, da sie so ziemlich in der Mitte stand. Sie
fährt also mit einigen Freundinnen nach München, sie
muss den d'Andrade sehen. Atemlos keucht sie die
Treppe zum Ausstellungsgebäude hinauf, bemächtigt
sich eines Aufsehers und schreit ihn an: „Wo ist der
d'Andrade?" „Kommen Sie nur immer mit" sagt der
Mann und führt die Damen durch verschiedene Gänge,
bis er endlich Halt macht voV einer Thüre, die den in-
diskreten Augen der Menschen durch eine rote Sammet-
portiere verborgen ist. „Bitte!" — Er hatte von dem
Begehr der in hoher Aufregung befindlichen d'Andrade-
Tante nur die beiden letzten Silben verstanden. Jetzt,
wo Slevogt wirklich berühmt wird und dieser Mann ihn
kennt, schimpft er vielleicht auch.

Erlebnisse besonderer Art konnte man mit Galerie-
dienern in Italien und Griechenland haben und sich
nicht nur Vorteile, sondern auch Vergnügen verschaffen
durch ein rechtzeitiges ausgegebenes Frankenstück. Dann
fangen sie an zu reden, aber nicht über Kunst, sondern
über andre Dinge. Als an einem Sommertage in den
Uffizien die erste Horde Engländer auftrat ohne daran
zu denken, dass der Aufseher, den sie nur gefragt hatten,
ob die Galerie offen sei, für seine geistige Anstrengung
des Ja-Sagens nun auch die entsprechende Belohnung
haben müsse, da murmelte dieser Macchiavelli-Enkel
vor sich hin: „Die Invasion der Barbaren hat begonnen."
(Damals waren es die Engländer, die in Italien so hiessen).
Zwischen regelmässigen Galeriebesuchern und den

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