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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 4
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Möser, Justus: Über das Kunstgefühl von einem Weinhändler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0189

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FRIEDRICH WASMANN, FRAU ZALLINGER
NATIONALGALERIli, SAMMLUNG GRÖNVOLD

ÜBER DAS KÜNSTGEFÜHL

VON EINEM WEINHÄNDLER

VON

JUST US MOSER

Hierbei übersende ichlhnen, nebst tausend Dank-
sagungen für Ihre mir letzthin bewiesene viele
Freundschaft, das Fässchen was Sie verlangt haben.
Der Wein ist gut, und wenn er das noch hätte und
dieses nicht, so wäre mir das Stück davon nicht
für tausend Gulden feil.

Anm. d. Red.: Diese kleine Abhandlung Justus Mosers,
die in den viel zu wenig gekannten „Patriotischen Phantasien"
steht, ist vor anderthalb Jahrhunderten geschrieben worden.
Es ist die Gelegenheitsarbeit eines Staatsbeamten (Moser war
Geheimer Justizrat des Fürstbischofs von Osnabrück); aber sie
ist so frei von der leidigen Lust der Deutschen am Theoreti-
sieren, sie ist so „richtig" vom Wesentlichen aus gedacht, dass
sie wirkt, als sei sie für das Geschlecht von heute geschrieben.
Vielleicht regt diese Probe die Leser an, einmal wieder die
Schriften dieses ausgezeichneten, auch von Goethe hoch ver-
ehrten Mannes zur Hand zu nehmen. Im besonderen aber sei
das Verfahren dieses Weinhändlers empfohlen; je sicherer ein
Kunstkenner auftritt, um so neugieriger untersuche man „wie
viele Tangenten er hat".

Lachen Sie nicht über diese seltsame Sprache;
es hat nicht viel gefehlt oder ich wäre dadurch bei
meiner letzten Durchreise durch D . . . . zum Mit-
gliede eines gelehrten Klubs aufgenommen worden.
Unser guter Freund, der Kanonikus L . . ., der ver-
mutlich nicht wusste wie er den Abend mit einem
Weinhändler zubringen sollte, hatte mich dahin ge-
führt, und ich fand über zwanzig junge Herren
zusammen, die immer das Wort Kunstgefühl im
Munde hatten und von dessen Mangel in gewissen
Gegenden ein langes und breites sprachen. Der
eine beschuldigte mit einer vielbedeutenden Miene
das feindselige Klima, der andere schob die Schuld
auf die schlaffe Regierungsform, ein dritter klagte
die philosophische Erziehungsart an, und ein vier-
ter brachte sogar die Religion mit ins Spiel, um

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