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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 8
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Mahlberg, Paul: Über Kunstakademien: ein Brief von Peter Cornelius
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0388

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Nun kam ich auf den Gedanken, ob es denn bei
dem offenbar besten Willen der Regierung nicht dahin
zu bringen wäre, diesen öffentlichen Kunstschulen einen
kräftigern Einnuss in den bestehenden Lebensverhält-
nissen zu verleihen, wie es bey den wissenschaftlichen
Institutionen der Fall ist; und indem ich beider Zustand
verglich, war nicht schwer, den Nachtheil der Kunst
darin zu finden, dass sie kein eigentliches Bürgerrecht
bei uns habe, und in ihren akademischen Mauern ver-
bannt, an der Schwindsucht leidet.

Da stellte sich meinem Sinn das Bild einer öffent-
lichen Kunstschule dar, wo mit der Lehre, sich eine
lebenskräftige Ausübung nach aussen verbände. Das
Glück war mir günstig, zugleich mit dem Auftrage zu
einem Werk wie seit langem keines unternommen,*
wurde ich mit dem Vertrauen beehrt, eine Kunstschule
zu errichten, es wurden sogar mehrere Schüler von
unserm Staate pensioniert, um an dieser grossen Arbeit
Theil zu nehmen;** bey diesen schlug es gar keine tiefen
Wurzeln. Aber ich hatte bald die Freude, eine tief
erkannte Wahrheit sich äusserlich bewährt zu sehen,
mehrere besser begabtere und kräftigere Naturen, Leute
von dem verschiedensten Alter, Erziehung und Natur
&ctr brachte ich in 11/i Jahr so weit, dass ich mehrere
theils zu allen Arbeiten in der Glyptothek, theils nun
aber zu eigenen grossen Werken ansetzen kann, und
zTwarzu folgenden Aufträgen, die an uns ergangen sind:

i) ein über 40 Fuss langes al Fresco Bild im Assisen
Saale zu Coblenz; ein jüngstes Gericht vorstellend.

2) Mehrere Bilder in Fresco, in einem Landhause in
Franken, dem Grafen von Schönborn angehörend, die
Olimpischen Spiele darstellend.

3) Einen ganzen Saal a Fresco auszumalen in Cap-
penberg bey Dortmund für Se. Exzellenz den Minister
von Stein. (Vorstellend die Geschichte der Sächsischen
Kaiser.)

Von allen diesen und anderen Werken ist unsere
Schule der Mittelpunkt, alle Studien und Vorbereitun-
gen dazu werden den Winter über hier gemacht, und
ich selbst mache die Meinigen für mein Werk in Mün-
chen, jeder nur fähige Schüler nimmt im Verhältnis
seiner Kräfte Theil daran, jeder lernt vom andern, und
da giebt es dann auch etwas zu diregieren, aber wo
nichts ist, da hat der Kaiser sein Recht verloren.

Während nun die eigentliche Kunstschule sich auf
diese Weise immer beweglich und thätig erhalten soll,
gehen aber die Elementar- und Vorbereitungs-Classen
einen regelmässigen und durchaus geordneten Gang.
Ja ich werde darauf wachen, dass dieses bey uns mehr,
als irgendwo der Fall seyn soll. Darum suchte ich von

* Die Fresken in München.
** Kühlen, Singmann und Thelott aus Düsseldorf.

Anfang die Lehrer so zu stellen, dass ihre persönliche
Gegenwart in den Classen den ganzen Tag über mög-
lich war,* um alle Unordnungen und allen Akademien
beiwohnendes wüstes Treiben zu entfernen.

Auf diese Weise nur allein kann ich aus den ge-
gebenen Mitteln etwas machen, ja ich habe den stolzen
Glauben, dass, wenn die Regierung mich machen lässt,
mir ihr hohes Vertrauen schenkte, hier unser armes
Senf körnlein so wachsen zu machen, dass es den Neid
vieler grossen und mächtigen Anstalten dieser Art er-
regen soll.

Sollte aber das hohe Ministerium diese mir natur-
gemässe Art zu diregieren zu gewagt finden, und meine
Absichten für die Kunst mit denen des Staates nicht
übereinstimmend sein, so ist es annoch an der Zeit,
umzukehren, und ich selbst würde alsdann dazu rathen,**
denn die Arbeiten in Baiern nehmen mich noch 4 Jahre
in Anspruch, von welchen ich nur den Sommer von
1824 dort abwesend seyn könnte; und wie oben gesagt,
hätte ich auch nach Verlauf dieser Frist nicht die Ab-
sicht, am akademischen Fass der Danaiden zu arbeiten,
sondern ich würde mich dem Throne unseres edlen
Monarchen nähern mit der unterthänigsten Bitte, mein
geringes Talent und meine Kräfte auf dieselbe Weise
in Anspruch zu nehmen, die durch die seltenste Gross-
muth sich zuerst in einem andern Staate aussprechen
und entwickeln konnten und was der erhabene Monarch
mir auch anzuvertrauen, die Gnade haben würde, so
hege ich die zuversichtlichste Hoffnung, solches an unsere
Schule anknüpfen zu dürfen, und so möchte ich dann
dieselbe einer edlen Pflanzschule vergleichbar, nach
allen Richtungen unsers Staates Anmuth und heitere
Zierde verbreiten können.

Am Schlüsse bitte ich einen hohen Ministerio
gehorsamst, die ungeschickten Ausdrücke, die in diesem
Bericht vielleicht vorkommen, der ungeübten Feder des
Malers zu gute halten und in Bezug auf Absicht immer
das Beste unterlegen, vorzüglich aber die Ausdrücke
meiner tiefsten Ehrfurcht und Dankbarkeit mit der ge-
wöhnlichen Huld aufnehmen zu wollen.

Düsseldorf, den 20. November 1822.

gez. P. Cornelius.

Cornelius blieb bis 1824 in preussischen Diensten.
Dann ging er als Akademiedirektor nach München. Als
seine Stellung dort unhaltbar geworden war, kam er
1841 wieder nach Preussen. Diesmal behielt ihn Berlin,
das ihn schon 1819 gern gehabt hätte.

* Der Professor Mosler bekam 400 Thaler und dazu, als
Sekretär, weitere 200 Thaler, Professor Heinr. Kolbe bekam
600 Thaler.

* Cornelius hatte die Berufung an die Münchener Akademie
im Hinterhak, mit diesem Umstand war schon bei den Ver-
handlungen mit Berlin'1820 operiert worden.

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