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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

DOI issue:
Heft 9
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Pauli, Gustav: Alfred Rethel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0445

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ALFRED RETHEL, AUCH EIN TOTENTANZ IV. ZEICHNUNG FÜR HOLZSCHNITT

DRESDEN, KUPFERSTICH KABINETT

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einmal auftaucht. — Das Glück fügte es, dass Rethel
in dem wackeren Hugo Bürkner einen treuen
Interpreten seiner Zeichnung für den Holzschnitt
fand und da auch Robert Reinicks Begleitverse, so
wenig wir sie sonst rühmen möchten, den Ton des
volkstümlichen Vortrags durchaus nicht stören, so
erreicht der Totentanz in derThat vollkommen sein
Ziel eines grossartigen Flugblattes. Ihm gegenüber
halten sich die beiden im nächsten Jahr entworfenen
Einzelblätter durchaus auf gleicher Höhe, ja sie
übertreffen ihn noch in ihrer formalen Vollendung
durch die kräftigere Helldunkelwirkung des Jung-
towschen Holzschnittes.

Die innere Grösse dieser Blätter lässt uns einen
Widerhall der Stimmung spüren, aus der die
Fresken für den Krönungssaal zu Aachen geboren
sind. Eine andere Nebenfrucht dieser Arbeit ist
uns in den sechs aquarellierten Zeichnungen des
Hannibalzuges bescheert, die jetzt im Dresdner
K-Upferstichkabinett bewahrt werden. Sie sind von
Bürkners Dresdner Schule schlecht und recht, das
heisst mehr schlecht als recht, im Auftrag der
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst späterhin

in den Holzschnitt übersetzt und dadurch populari-
siert worden. Kaum zum Ruhme Rethels, da die
Routine der Techniker den nervösen und doch
grosszügigen Strich der Retheischen Holzschnitt-
zeichnung nicht zu ersetzen vermochte. Deswegen
ist die jüngste von Seidlitz vorbereitete Veröffent-
lichung dieser Blätter in farbigen Lichtdrucken,
die den Urbildern täuschend ähneln, doppelt dank-
bar zu begrüssen. —

Diese Aquarelle sind als Hinweise auf Wand-
bilder anzusehen und demnach gewissermaßen als
verhinderte Fresken zu beurteilen — wie ein großer
Teil derProduktion der damaligen führenden Akade-
miker. Alle diese Künstler, deren Vorläufer und
Ahnherr Carstens war, litten unter einem peinlichen
Missverhältnis zwischen ihren Absichten und den
Gegebenheiten ihrer Mitwelt. Sie hegten gewaltige
Pläne und träumten von erhabenen Entwürfen
monumentaler Kunst, für welche weder die Mittel
zu ihrer Ausführung, noch das Bedürfnis oder das
lebendige Verständnis da waren. Denn die Zeiten
der prächtigen Lebensführung grosser Herren, die
in ihren Prunkbauten Säle, Treppenhäuser, Kapellen

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