Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe (15.1917)

an unt> banfte il>r forfälttg. Sinft ritt id) von gontainebleau nad) ^aris, unb als id) mietet:
bie Heine Erliefe l)erauffam, trat ft'e an il>re £abentüte unb fagte su mir, inbem id) vorbeiritt:
■anein £err, 9ftw Wienerin! 3cf> erwiderte it)ren ©ruf;, unb inbem id) mid) von Seit $u Seit
umfal), l)atte fie fid) weiter vorgelehnt, um mir fo weit als mögtid) nad)jufef)en.

Sin 95ebienter nebft einem ^ojlillon folgten mir, bie \d) nod) biefen Abenb mit Briefen
an einige ©amen nad) gontainebleau surucffd£>tcfen wollte. Stuf meinen SBefe^l (lieg ber 35e*
biente ab unb ging $u ber jungen grau, tyx in meinem 5Ramen ju fagen, ba§ id) il)re Neigung,
mid) $u fel)en unb $u grüben, bemerft l)ätte; id) wollte, wenn fte wünfd)te, mid) nä()er fennen
ju lernen, fie auffud)en, wo fte verlangte.

(Sie antwortete bem 33ebienten, er l)ätte il)r feine beftere Sfteuigfeit bringen fönnen; fte
wollte fommen, wol)in id) fte beftellte, nur mit ber 23ebingung, ba§ fte eine 5Rad)t mit mir
unter einer ©eefe jubringen bürfte.

3d) na()m Un Q$orfd)tag an unb fragte ben gebleuten, ob er nid)t etwa einen Ort
fenne, wo wir jufammenfommen fö'nnten. (5r antwortete, ba§ er fte ju einer gewifien Kupplerin
führen wollte, rate mir aber, weil bie ^eft ftd) l)ier unb \>a jeige, Sftatra^en, ©eefen unb Sein?
tiid)er aus meinem £aufe anbringen tu laffen. 3d) nal)m ben QSorfcptag an, unb er verfprad),
mir ein gutes 33ett ju bereiten.

©es Abenbs ging id) l)in unb fanb eine fel)r fd)ö'ne grau von ungefähr jwanjig 3a()ren,
mit einer jierlidjen 5Rad)tmüfee, einem fefyr feinen #embe, einem für Jen Unterrocke von grün*
wollenem Seuge. (Sie fyatte Pantoffeln an ben güfjen unb eine Art von ^ubermantel über*
geworfen. (Sie gefiel mir aufjerorbentlid), unb i>a id) mir einige gretyeiten ()erauSnel)tnen wollte,
lehnte fte meine £iebfofungen mit fe()r guter Art ab unb »erlangte, mit mir swifcfyen %wä
£eintüd)ern ju fein. 3d) erfüllte i()r Q3egel)ren unb fann fagen, baf; id) niemals ein jierlid)eres
£Beib gefannt fyabe, nod) von irgenb einer mel)r Vergnügen genojfen ()ätte. £)en anbern
borgen fragte id) fie, ob id) fte nid)t nod) einmal fel)en fönnte, iclj Perreife erft (Sonntag; unb
wir l)atten bie 5Rad)t vom ©onnerstag auf ben greitag miteinanber jugebradjt.

(Sie antwortete mir, bafj fie es gewiß lebhafter wünfd)e als id); wenn iclj aber nid)t
ben ganzen (Sonntag bliebe, fei es it>r unmö'glid); benn nur in ber %lad)t vom (Sonntag jum
Montag fönne fte mid) wieberfel)en, Als id) einige (Sd)wierigfeiten mad)te, fagte fte: 3^ feib
wol)l meiner in biefem Augenblicke fd)on überbrüfftg unb wollt nun (Sonntags perreifen; aber
3l)r werbet balb wieber an mid) benfen unb gewifj nod) einen ^ag jugeben, um eine 5Rad)t
mit mir aufbringen.

3d) war leid)t p Überreben, verfprad) il)r, ben (Sonntag ju bleiben unb bk ^ftacf)t auf
ben Montag mid) wieber an bem nämlichen Orte etnjuftnben. ©arauf antwortete fie mir: 3d)
weifj red)t gut, mein £err, baf; id) in ein fd)änblid)es £aus um 3l)retwillen gefommen bin;
aber id) l>abe es freiwillig getan, unb id) t)abe ein fo unüberwinblid)es Verlangen, mit 3()nen
ju fein, ba§ id) jebe Q3ebingung eingegangen wäre. Aus £eibenfd)aft bin id) an biefen ab*
fd)eulid)en Ort gefommen, aber id) würbe mid) für eine feile ©irne galten, wenn id) jum
zweitenmal baf)tn jurücffel)ren fönnte. $Köge id) eines elenben Grobes gerben, wenn id) außer
meinem 3ttann unb Sud) irgenb jemanb $u Tillen gewefen bin unb nad) irgenbeinem anbern
verlange! Aber \va$ täte man nic&t für eine ^3erfon, bie man liebt, unb für einen Q3afiompierre?

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