entscheidet. Das sichere Urteil ruht auch hier auf Handschrift des Trecento und die der alten Zeit in
dem Erkennen der immanenten Qualität, der San Zeno zu Verona betrachtete, wo heute im
Form. Nur die Gestaltungsform ist eigentliche Kalkputz der Kirchenwand die übereinanderliegen-
Kunst. Aber sie entzieht sich der Umschreibung
durch das Wort, und auch die Reflexion ist hier
nicht mehr fruchtbar. Wer, mit Absicht und Stil
den Bildreste zweier Perioden miteinander streiten,
der hat erkannt, was verloren ging.
der Bilder vertraut und von allen Skrupeln darüber
befreit, von Werk zu Werk den letzten Vollkom-
*
Als ich vor Jahren in Venedig weilte und durch
menheiten der Arbeit nachzuspüren, Notwendiges kaltes Winterwetter aus der Lagune vertrieben
von Willkür, Gründ-
liches von Oberfläch-
lichem und Gekonn-
tes von nicht Ge-
konntem zu scheiden
weiss, wird die Form
verstehen und nun
erst restlos gemes-
sen. Dann aber wird
er sagen dürfen dass
auch diese byzan-
tinische Malerei in
ihrer absoluten Ein-
deutigkeit eine all-
gemeingültigeSchön-
heit besitzt.
Während wir vor
Giottos Bilderzyklen
weilten, gaben wir
nicht der Kritik,
kaum dem Erinnern
an anderes Raum. —
Zeigte je eine Malerei
so sichtbar irdische
Verklärung der schö-
nen Seele wie die edle
Reinheit seiner Ge-
staltung? — Nie trat
— so weit unserBlick
SAN MARCO, VENEDIG.
ABO. I ^
CARITAS
wurde, lockte es
mich, den alten Mo-
saiken durch Zeich-
nen näher zu kom-
men. Ich dachte nicht
daran, je die Skizzen
zu veröffentlichen;
ja, das Herauslösen
einzelner Teile aus
dem Ganzen kam mir
manchmal barbarisch
genug vor. Aber
wenn sich auch die
volle Schönheit dieser
Malerei nur in der
Ganzheit der Bilder
und ihrer Einheit mit
dem Raum bietet, so
lässt sich doch mit
Bruchstücken Man-
ches von ihr zeigen.
Ich zeichnete zu-
erst kaum anders als
vor der Natur und
habe in einigen Blät-
tern an die Quintes-
senz des Stiles nur
eben gerührt. An-
dere sind exakter,
keins ist genau Faksi-
mile. Aber eben, weil
sie sich als subjektive
sie nicht als falsch
reicht — ein Künst-
ler sieghafter in sprossendes Neuland. Aber Neu-
land irdischen Weltgefühls. So tief uns sein
Jesu-Antlitz auch berührt hat: es reisst uns nicht der Photographie doch nur die originalgrosse ob
zum Göttlichen empor wie der byzantinische Panto- jektive Pause haben, welche kein einziges Glas
Skizzen geben, wird man
empfinden. Dokumentarischen Wert könnte ausser
krator in Daphni, Cefalu oder Monreale, dieses
gewaltig gemalte Erlöser-Haupt mit dem Ewig-
keitsblick, das höchste Symbol des Unsterblichen
im Persönlichen. Und wer den Aufbau des
Giottesken Weltgerichtes in Padua mit dem in
Torcello verglich oder etwa im Kleinen die Fresko-
würfelchen unterschlägt.
Nun sind uns die Dome von Venedig, Torcello
und Murano verschlossen; über Hass und Blut kann
uns zu ihnen heute nur freundliches Erinnern
2 i
dem Erkennen der immanenten Qualität, der San Zeno zu Verona betrachtete, wo heute im
Form. Nur die Gestaltungsform ist eigentliche Kalkputz der Kirchenwand die übereinanderliegen-
Kunst. Aber sie entzieht sich der Umschreibung
durch das Wort, und auch die Reflexion ist hier
nicht mehr fruchtbar. Wer, mit Absicht und Stil
den Bildreste zweier Perioden miteinander streiten,
der hat erkannt, was verloren ging.
der Bilder vertraut und von allen Skrupeln darüber
befreit, von Werk zu Werk den letzten Vollkom-
*
Als ich vor Jahren in Venedig weilte und durch
menheiten der Arbeit nachzuspüren, Notwendiges kaltes Winterwetter aus der Lagune vertrieben
von Willkür, Gründ-
liches von Oberfläch-
lichem und Gekonn-
tes von nicht Ge-
konntem zu scheiden
weiss, wird die Form
verstehen und nun
erst restlos gemes-
sen. Dann aber wird
er sagen dürfen dass
auch diese byzan-
tinische Malerei in
ihrer absoluten Ein-
deutigkeit eine all-
gemeingültigeSchön-
heit besitzt.
Während wir vor
Giottos Bilderzyklen
weilten, gaben wir
nicht der Kritik,
kaum dem Erinnern
an anderes Raum. —
Zeigte je eine Malerei
so sichtbar irdische
Verklärung der schö-
nen Seele wie die edle
Reinheit seiner Ge-
staltung? — Nie trat
— so weit unserBlick
SAN MARCO, VENEDIG.
ABO. I ^
CARITAS
wurde, lockte es
mich, den alten Mo-
saiken durch Zeich-
nen näher zu kom-
men. Ich dachte nicht
daran, je die Skizzen
zu veröffentlichen;
ja, das Herauslösen
einzelner Teile aus
dem Ganzen kam mir
manchmal barbarisch
genug vor. Aber
wenn sich auch die
volle Schönheit dieser
Malerei nur in der
Ganzheit der Bilder
und ihrer Einheit mit
dem Raum bietet, so
lässt sich doch mit
Bruchstücken Man-
ches von ihr zeigen.
Ich zeichnete zu-
erst kaum anders als
vor der Natur und
habe in einigen Blät-
tern an die Quintes-
senz des Stiles nur
eben gerührt. An-
dere sind exakter,
keins ist genau Faksi-
mile. Aber eben, weil
sie sich als subjektive
sie nicht als falsch
reicht — ein Künst-
ler sieghafter in sprossendes Neuland. Aber Neu-
land irdischen Weltgefühls. So tief uns sein
Jesu-Antlitz auch berührt hat: es reisst uns nicht der Photographie doch nur die originalgrosse ob
zum Göttlichen empor wie der byzantinische Panto- jektive Pause haben, welche kein einziges Glas
Skizzen geben, wird man
empfinden. Dokumentarischen Wert könnte ausser
krator in Daphni, Cefalu oder Monreale, dieses
gewaltig gemalte Erlöser-Haupt mit dem Ewig-
keitsblick, das höchste Symbol des Unsterblichen
im Persönlichen. Und wer den Aufbau des
Giottesken Weltgerichtes in Padua mit dem in
Torcello verglich oder etwa im Kleinen die Fresko-
würfelchen unterschlägt.
Nun sind uns die Dome von Venedig, Torcello
und Murano verschlossen; über Hass und Blut kann
uns zu ihnen heute nur freundliches Erinnern
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