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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Rosenberg, Adolf: Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0010

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Ausgrabungen und Funde.

zwecken dienende Räume mit Oberlicht hinzugezogen
worden sind. Nach den in den letzten fünfzehn Jahren
gemachten Erfahrungen wird man hei der Beurtei-
lung dieser Räume milder gestimmt. Selbst das
Landesausstellungsgebäude bietet nur in den Sälen
des Mitteltraktes Räume, welche den Bedingun-
gen einigermassen entsprechen, die eine vorteil-
hafte Aufstellung von Kunstwerken zur Voraus-
setzung hat. Die in den Abteilungen der Seitenschiffe
untergebrachten Gemälde, Kupferstiche, Skulpturen
u. s. w. gestatten nur demjenigen eine genauere Be-
sichtigung, welcher seine Besuchszeiten genau dem
jeweiligen Stande der Sonne anpasst. Da es den An-
schein hat, als ob unter der Regierung Kaiser Wil-
helms II. manche Kunstangelegenheit den Schnecken-
wegen des bureaukratischen Instanzenganges entzogen
werden wird, dürfte vielleicht auch dem Kunst-
ausstellungselend in absehbarer Zeit ein Ziel gesetzt
werden.

Aus jeder Austeilung, selbst aus der armselig-
sten, kann man, wenn man den guten Willen hat,
einen charakteristischen Zug herauslesen. Bei der
unsrigen bedarf es dazu keiner besonderen An-
strengung. Seit langen Jahren zum erstenmal ist
die Geschichtsmalerei, die biblische wie die profane,
überhaupt die Malerei grossen Stiles in imponiren-
der Zahl erschienen. Selbst wenn man die Sendungen
von der vorjährigen Münchener Jubiläumsausstellung
abzieht, so bleibt immer noch eine Reihe von neuen
Erscheinungen übrig, welche unsere Charakteristik
rechtfertigt. Und dazu kommt noch ein neues, auf
die Geschichtsbilder profanen Inhalts bezügliches Mo-
ment. Letztere rühren zumeist von jüngeren Berliner
und Düsseldorfer Künstlern her, und diese haben
ihre ganze, hier und da völlig überraschende Kraft der
Darstellung von Thaten und Ereignissen aus der vater-
ländischen, aus der preussisch-deutschen Geschichte
gewidmet, ohne dass es einem dieser Künstler dabei
in den Sinn gekommen ist, irgend eine chauvini-
stische Seite hervorzukehren. Alle Zeichen weisen
darauf hin, dass die von höchster Stelle erfolgte,
scharfe Betonung vaterländischer Gesinnung, die von
dort gegebene Anregung schon jetzt auf das Gebiet
der Kunst wenigstens von äusserem Einfluss ge-
wesen ist und eine auffälllige Wendung in der Ge-
schichtsmalerei herbeigeführt hat, welche freilich
bereits dicht vor dem Kampfe ums Leben stand und
die Entscheidung nicht mehr lange hinausschieben
konnte. Nachdem sogar die „Verbindung für histo-
rische Kunst" ein Bild wie Rocholls Reiterangriff
in der Schlacht bei Vionville für ein Geschichtsbild

im Sinne ihrer Statuten erklärt hat, wird niemand
mehr so pedantisch sein, die Schilderung von Er-
eignissen aus der Geschichte unserer Zeit nicht unter
dem Gesichtspunkte der Malerei grossen Stiles zu
betrachten.

Dass das Bewusstsein, von der Teilnahme eines
grossen, des eigenen Volkes getragen zu werden,
künstlerische Kräfte von hervorragender Bedeutung
erweckt und gestählt hat, kann keinem Zweifel unter-
liegen. Man braucht nur auf Gemälde zu blicken,
wie z. B. Rocholls schon von München bekannte, im
vorigen Jahrgange der „Zeitschrift für bildende Kunst"
reproduzirte „Episode aus der Schlacht von Vion-
ville" und „Die letzte Heerschau Kaiser Wilhelms I."
(1887, im Besitz der städtischen Galerie zu Stettin)
von demselben Künstler, ferner auf Warthmülkrs
„Bange Nacht" (Friedrich IL in der Dorfkirche von
Elsnig nach der Schlacht von Torgau), auf Arthur
Kampfs „Bon soir, messieurs" (die bekannte Lissaer
Episode nach der Schlacht bei Leuthen), auf Hermann
Prelis erstes Wiedersehen Leopolds von Anhalt-
Dessau mit seiner Annaliese nach der Rückkehr von
der italienischen Reise und auf Ernst Hildebrands
„Königin Luise auf der Flucht nach Memel." Alle
diese Bilder haben den gemeinsamen Zug von Grösse
und Adel der Auffassung, ohne dabei in das Thea-
tralische zu verfallen. Das Konventionelle ist ab-
gethan, und jeder sucht das Geschichtlich-Charakte-
ristische in einer koloristischen Vortragsweise, die
seine eigene, ganz persönliche ist, zu einer möglichst
objektiven, durch kein erborgtes Medium getrübten
Erscheinung zu bringen. Ob der eine in kaltem
Lichte und in freier Luft malt oder ob der andere
kräftige Helldunkelwirkungen anstrebt, ist nur für
die Beurteilung des einzelnen Bildes von Interesse.
In dem Hauptpunkte, die Wahrheit in der Natur,
nicht in idealen Abstraktionen zu suchen, treffen sie

alle zusammen.

ADOLF ItOSENBERO.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

— Funde auf dem Semmering. Vor sechs Wochen sah
ein taubstummer Junge aus Wien den Erdarbeiten zu, welche
an dem Bahndamme nächst der Station Spital auf dem
Semmering vorgenommen wurden. Hierbei las er zwei zu
Tage geförderte, mit dichter Patina überzogene Metallfigür-
chen auf, welche auf den ersten Blick als antike, in rohen
Formen gearbeitete Idole erkennbar waren. Dr. Bergmann
vom Münz- und Antikenkabinet in Wien hat die beiden
Stücke nun bestimmt, und zwar das eine als niumienförmige
Darstellung des Osiris mit Geissei und Krummstab, als Richter
in der Unterwelt, das andere als Harpokrates, d. i. Horus
das Kind, Sohn des Osiris und der Isis, mit der charakteristi-
schen Locke auf dem Haupte, der Versinnbildlichung der
 
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