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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 1
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Köhler, Christoph; Georges, Karl Ernst [Honoree]: Karl Ernst Georges (1806-1895) zum 100. Todestag
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Nickelsen, Djuke: "Sprechen Sie Attisch?": ein ganz besonderer Griechenland-Urlaub
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0021

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barem Applaus quittiert wurde. Dieses Sympo-
sium brachte in der Tat einen Gewinn auf dem

„Sprechen Sie Attisch?"
Ein ganz besonderer Griechenland-Urlaub
„Altgriechisch sprechen? Das kann ich nie, das
ist doch unmöglich!" Das waren die ersten Ge-
danken. die mir durch den Kopf schossen, als
unser Griechischlehrer fragte, wer Lust hätte, in
den Sommerferien einen Altgriechisch-
Sprachkurs zu besuchen. Der Kurs sollte in
Selianitika stattfinden, einem kleinen Dorf im
Norden der Peloponnes, direkt am Golf von
Korinth. Das Ziel des Kurses sollte sein, daß
alle, die daran teilnehmen, sich nach 2 Wochen
Training auf altgriechisch unterhalten können,
und zwar über ganz alltägliche Dinge (eine Un-
terhaltung beim Mittagessen oder übers Wetter
oder über Fußball oder, oder ...). Der Besitzer
der Ferienanlage ist ein Antikenfan und fördert
deshalb das Unternehmen. Gewissermaßen als
Dank dafür, daß man sich für Altgriechisch
begeistert, braucht man für die Unterkunft
nichts zu bezahlen, die den klangvollen Namen
'EkXf]vtx6v EL5ij/J,!_ov (griechische Idylle)
trägt. Wie sich später herausstellte, ist der Name
in diesem Fall nicht nur Schall und Rauch!
Trotz aller Skepsis und Zweifel, ob ich nach 2
Jahren Griechisch nicht viel zu wenig können
würde, fand ich das Angebot sehr reizvoll.
Schließlich hatte unser Lehrer mich und noch
ein anderes Mädchen überzeugt (oder vielleicht
doch eher überredet?), daß der Kurs in jedem
Fall nur positiv für uns sein könnte. Etwas
mulmig war mir zwar immer noch im Bauch,
ich wußte ja gar nicht, was mich erwarten wür-
de. Dazu kam noch das Erdbeben 10 Tage vor
unserer Abreise. Epizentrum: Egion, keine 6 km
von Selianitika entfernt...
Allen eingestürzten Häusern zum Trotz flogen
wir am Ende Juni Richtung Athen. Am Athener
Flughafen lernten wir gleich die wichtigste
griechische Vokabel: ÜJToqovf) - Geduld. Wir

didaktisch schwierigen Feld der Lexikvermitt-
lung und -festigung im Lateinunterricht.
CHRISTOPH KÖHLER, Gotha

sollten sie für unseren gesamten Griechenland-
Aufenthalt nicht vergessen. Man muß sich für
Griechenland eben ein ganz anderes Zeitgefühl
zulegen. Eigentlich sollte uns ein Taxi abholen,
aber es gab wohl im zurückflutenden Sonntags-
verkehr von Groß-Athen zuviel Stau. Als wir
schließlich in Selianitika ankamen, war es weit
nach Mitternacht. Wir waren todmüde und
wollten eigentlich sofort ins Bett. Das
„Problem" dabei war nur, daß der Besitzer un-
serer Unterkunft uns überschwenglich begrüßte.
Er war natürlich hellwach, denn das eigentliche
Leben in Griechenland fängt ja erst am späten
Abend an. Freudestrahlend bot er uns eisgekühl-
te Wassermelonen an und hatte vor, so schien es
mir, sich noch ein bis zwei Stunden mit uns zu
unterhalten. Wenn wir das sofort abgeblockt
hätten, hätten wir es von Anfang an mit dem
Besitzer verdorben. Doch nach einer gewissen
„Höflichkeitsfrist" brachte unser Lehrer ganz
vorsichtig an. daß wir eigentlich gern ins Bett
gehen würden. Der Besitzer entschuldigte sich
sofort wortreich und zeigte uns die Zimmer. Ich
fand den Besitzer wirklich sehr liebenswürdig
und habe mich in den folgenden 2 Wochen oft
ganz gut mit ihm unterhalten, aber an diesem
Abend wollte ich nur noch schlafen.
Am nächsten Tag sollte der Kurs beginnen. Ich
war gespannt, wie sich alles entwickeln und wie
mir der Kursleiter gefallen würde. Leider hatten
einige, die kommen wollten, wegen des Erdbe-
bens kurz vorher abgesagt. Um so intensiver
konnten wir übrigen später den erstklassigen
Griechischunterricht des Kursleiters genießen.
Ihn hatte unser Lehrer schon vorher angeprie-
sen. Da war ich nun gespannt auf den Altphilo-
logen, der sich mit uns abgeben sollte. Altphilo-
loge - dies Wort ruft so leicht schreckliche

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