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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Selmaier, Alfred: Bericht über den Kongreß des Deutschen Altphilologenverbandes vom 9.-13. April 1996 in Jena
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0076

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Bericht über den Kongreß des Deutschen Altphiioiogenverbandes

vom 9. - 13. April 1996 in Jena
Jena
Die nichtssagende Autobahn führt fast bis ins
Zentrum der berühmten Stadt, die einst als
Siedlung Jani wenige Jahre nach Karl dem Gro-
ßen im Zehntregister des Klosters Hersfeld Er-
wähnung findet. Luther predigte in der hiesigen
Stadtkirche mit zornigen Worten gegen das
rigorose Tun der Bilderstürmer, Goethe schrieb
hier nicht nur am ,Faust', sondern freute sich
geradezu kindlich in seinem .närrischen Nest'
über seine Entdeckung des Os intermaxillare.
Schiller begann hier seine immense Arbeit am
,Wallenstein', hielt aber auch die berühmteste
Antrittsvorlesung aller Historiker vor 400 be-
geisterten Jenaer Studenten. Die vornehmen
Humboldtbrüder schlossen hier an der Saale
Freundschaft mit den Großen, die Schlegelbrü-
der begründeten in diesem anziehenden Städt-
chen ihre romantische Schule. Professor Fichte
bekam am Ende des Atheismus-Streites seine
Entlassung von der hiesigen Universität, der
23jährige Schelling fand mit seinen geistreichen

Vorlesungen zur Naturphilosophie glühende
Anhänger.
Eingebettet zwischen die sanften Hügel im
Saaletal, mußte die wohlhabende Stadt die
grausigen Plünderungen des Dreißigjährigen
Krieges aushalten und den spürbaren Rückgang
des Weinbaus verkraften, von eben diesen Hü-
geln aus vernichtete schließlich der große Napo-
leon die preußischen Truppen. Und auch am
Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Jena zu
den am stärksten zerstörten Städten. Fragwürdi-
gen Neubauten des DDR-Sozialismus fielen
dann noch unersetzbare Teile der historischen
Altstadt zum Opfer. Vieles verwahrloste in den
grauen Jahrzehnten der Diktatur.
Und jetzt? Aufgerissene Straßen, gestapelte
Baumaterialien, gesperrte Zufahrten zeugen von
der Wende, vom Aufbruch, von der Neugestal-
tung. Es entstehen wieder ansehnliche Ensem-
bles eines schmucken, wohnlichen, menschli-
chen Städtchens: mit einem mittelalterlichen
Pulverturm, mit den mächtigen Bronzedenkmä-

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