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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 4
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Varia
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Bochmann, Herbert: Der "taubstumme" Sohn des Kroisos
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0217

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Varia

Der „taubstumme" Sohn des Kroisos
In der Kroisoserzählung im ersten Band seiner
Historien spricht Herodot auch von den beiden
Söhnen des Kroisos: der eine ist ein strahlender
junger Mann, in allem der beste, Atys sein Na-
me. Der andere, namenlos, zählt für Kroisos gar
nicht; denn er ist schwerbehindert (fjv yap öf)
xuxjwg), also für besondere Aufgaben un-
brauchbar (§ 38 *töv yap 5f] etepov
&E(j)6aQ)iEvov onx ELvat p.ot koyHo^at).
Nach dem Tod des Atys durch einen Jagdunfall
bemüht sich Kroisos, alles für den Behinderten
zu tun, und er schickt auch nach Delphi. Von
dort bekommt er die Auskunft, er solle sich die
Gesundung des Sohnes nicht wünschen; denn
der werde an einem Unglückstag zum ersten
Male sprechen.
Als der Junge bei der Erstürmung von Sardes
durch die Perser sieht, wie ein feindlicher Sol-
dat auf den Vater losstürzt, bricht der Ruf aus
ihm heraus: Mensch, töte den Kroisos nicht!
(EQQT^E tjxDvriV' "QvOQUMtB, lAp XTEtVE
Kpotoov).
Hier (§ 85) und bei der ersten Erwähnung in §
84 nennen Übersetzer wie Sontheimer, Stras-
burger und Feix sowie Kommentatoren in
Schulausgaben den Jungen „taubstumm". Wenn
das stimmt, dann ist die vollständige Heilung
(pEia ÖE TOÜTO E(j)MVEE TOV JtCtVTOt XQÖVOV
ifjg t,6pg) ein göttliches, ein übernatürliches
und medizinisch unerklärbares Wunder. Woher
hätte der Junge den Wortschatz haben sollen,
über den er verfügte? Die Annahme ines Wun-
ders würde zu dem früher bisweilen geäußerten
Vorwurf passen, dass Herodot kritiklos Mär-
chen und Wunderdinge berichte.
Was aber schreibt Herodot wirklich? Der Junge
ist behindert und zwar dujxuvog: Er ist „ohne
Stimme", von Taubheit ist keine Rede. Er ist
stumm, hat aber als Hörender die Sprache auf-
genommen.
Moderne Mediziner unterscheiden bei Stumm-
heit Aphonie und Aphasie. Aphasie beruht auf

Himschäden, Aphonie entweder auf anatomi-
schen Schäden an den Sprechwerkzeugen oder
auf seelischen Gründen. Vielleicht litt der Junge
an einer psychischen Hemmung, über deren
Ursache nur spekuliert werden kann. Denkbar
wären frühkindliche Eindrücke oder die Schwä-
che gegenüber dem strahlenden älteren Bruder.
Auf jeden Fall ist die Heilung zwar wunderbar,
aber eben kein göttliches Wunder, sondern ein
medizinisch plausibles Geschehen, eine
Schockheilung, wie sie schon von Epidauros,
Kos, Pergamon und anderen Heiligtümern des
Asklepios berichtet werden (Herzog, Philologus
Suppl. 22, H. 3).
HERBERT BOCHMANN, Hildesheim
Neuer Plakatwettbewerb für Latein. Die
Vertreterversammlung des DAV in Jena hat
dem Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern,
Herrn Kollegen Dieter Friedei, die Aufgabe
übertragen, einen deutschlandweiten Schüler-
wettbewerb auszurichten. Er hat daher die Vor-
sitzenden der Landesverbände gebeten, ihm
geeignete Gymnasien zu benennen und deren
Fachbereichsleiter für Latein darüber zu infor-
mieren. In dem betreffenden Schreiben vom 1.
11. 96 heißt es: Der Wettbewerb „richtet sich an
die Lateinschülerinnen und -schüler der Mittel-
und Oberstufe. Aufgabe ist es, ein Plakat zu
entwerfen, das für das Fach Latein wirbt. Die
Wahl des Motivs und des Slogans bleibt dabei
ganz den einzelnen Teilnehmern überlassen.
Gegen die Mitwirkung des Kunsterziehers ist
nichts einzuwenden."
Die Entwürfe sollten bis spätestens 31. Januar
1997 beim Vorsitzenden des Landesverbandes
Bayern eingereicht werden (Dieter Friedei, Al-
brecht-Dürer-Str. 10, 83026 Rosenheim, Tel.
08031-67655). Teilnahmeberechtigt sind so-
wohl Einzelpersonen als auch Klassen oder
Kurse. Die besten Entwürfe werden prämiert: 1.
Preis: DM 1.500, 2. Preis: DM 1.000, 3. Preis:
DM 500. Die Preisgelder sind bestimmt für

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