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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 3
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Besprechungen
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Wölke, Hansjörg: [Rezension von: Peter Lohe u. Friedrich Maier (Hrsg.), Latein 2000. Existenzprobleme und Schlüsselqualifikationen]
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Königer, Wolfgang: [Rezension von: Kai Brodersen, Die Sieben Weltwunder. Legendäre Kunst- und Bauwerke der Antike]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0155

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zieht, Horaz, der die Existenz des Dichters be-
wußt wählt, Cicero, der auf die Bedingungen
reflektiert, unter denen eine Wahl für die Le-
bensform getroffen wird. Seneca schließlich soll
belegen, es komme nicht darauf an zu untersu-
chen, sfr, sondern, ^MMyacicnJMm
sfr - genau genommen also (und diese Konse-
quenz zieht Witzmann nicht) eine Absage an die
Wissenschaft.
Unter den Unterrichtsvorschlägen ragen hervor
die Beiträge von Edith Schirok über das
,,Friedliche Zusammenleben der Menschen" und
Heinrich Krefeld über ,,Wertbewußtsein und
Sinnfindung". Edith Schiroks Planung ist am
genauesten durchgearbeitet: Ihre Ziele sind bis
ins Detail präzise definiert und den einzelnen
Texten zugeordnet. Sie umfaßt mehrere Vor-
schläge, wie sie im Unterricht umgesetzt wer-
den können bis hin zu fächerübergreifendem
und zu handlungsorientiertem Unterricht (Edith
Schirok versteht „handlungsorientierten" Unter-
richt allerdings anders, als es der üblichen Defi-
nition entspricht, nämlich als „verhaltens-
ändernd"). - Heinrich Krefeld schürft wohl am
tiefsten. Exemplarisch läßt er Stationen des
Menschenbildes repräsentieren durch Texte von
Lucilius (der das Ziel des Menschen ganz al-
trömisch-aristokratisch definiert als Bewährung
für die r&s' pnMca), Phaedrus (dessen hMmani-
RM sozial definiert bleibt, nämlich als gültig für
alle, also auch die niederen Stände), Seneca (für
den, ganz stoisch, die Mitmenschlichkeit einen
metaphysischen Grund hat, weil der Mensch
teilhat am göttlichen uniniMs) und schließlich,
vielleicht am aufregendsten, Pico della Miran-
dola (für den der Mensch nicht festgelegt ist,
sich also entscheiden muß zwischen Gut und
Böse - eine Offenheit, die freilich gottgegeben
und damit nicht autonom ist). Daß diese Texte
bereits in der Sekundarstufe I wirklich fruchtbar
gemacht werden können (S. 121, 123), scheint
mir fraglich. - Enttäuschend demgegenüber Karl
Lahmers Vorschläge für den Problembereich
„Natur und Umwelt". Was er zu Ovids Weltal-
termythos zu sagen hat, ist weitgehend Allge-
meingut, ist zudem meist Wiederholt aus Lah-
mers Band über das „Verhältnis von Natur und

Mensch" (Auxilia 34); und auch über Francis
Bacons Verhältnis zur Natur hat Friedrich Maier
einmal übers andere bereits das Entscheidende
gesagt und in den „Grundtexten Europas" auch
konkrete Unterrichtsvorschläge gemacht. Zu
seinen didaktischen Prinzipien schreibt Lahmer
(S.40): „Das Problem-Umkreisen verzichtet auf
normative Orientierungen, es bietet narrative
Orientierungen. Narrative Orientierungen haben
exemplarischen Modellcharakter: Das Exempla-
rische steht im Vergleich zur lückenlosen Re-
zeption oder Information im Vordergrund. Die-
se Vorgehens weise läßt der individuellen Krea-
tivität Raum, und zwar während als auch nach
dem Unterricht." Zunächst erschließt sich mir
die Logik dieser Sätze nicht. Vor allem aber:
ein Unterricht über „Natur und Umwelt" ohne
normative Orientierungen, der Probleme bloß
umkreist, gleitet, befürchte ich, in einen unver-
bindlichen Laberunterricht ab.
Dieser Band bietet kaum Abschließendes. In
manchen Punkten wirft er mehr Fragen auf, als
er beantwortet. Aber das ist auch sein Ziel und
Zweck. Eben dies macht ihn so wichtig.
HANS JÖRG WÖLKE
Bro<7crscn, Tön; Die Sieben WeitWMfiJer. Le-
KnnV- nnJ Bauwerke <7cr Antike. Mün-
chen.' Beck 7990. (Beck'sche Reihe. Wissen.
2029). 723S. 74,30 DM (73BV3-400-40329-3).
Kai Brodersen, dem Privatdozenten für Alte
Geschichte in München, der sich schon mehr-
fach mit der Thematik beschäftigt hat, ist ein
höchst anschauliches und gediegenes Bändchen
gelungen, das obendrein preiswert ist. Jedem
Interessierten wird es eine Fülle von Fakten
bieten. Vor allem aber kann es Schüler jeder
Altersstufe anregen, sich mit dem Thema inten-
siver zu beschäftigen. Alle antiken Texte wer-
den in Übersetzung vorgelegt, der Inhalt ist
verständlich und kann, wie ich meine, auch von
einem Schüler der siebten Klasse für ein Referat
oder zur Erklärung eines Bildes im Übungsbuch
herangezogen werden: dies möchte ich als Vor-
zug verstanden wissen, nicht etwa als Abwer-
tung. Denn auch der Fachlehrer wird Neues

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