Besprechungen
Anhkg aktMe/I. Eine /!Mmani.st7sc/!e Mitgi/t /ur
Europa. Eieine 3'c/?r;/ien von ErieeiricA Afnier.
Eingei. M. reei. v. Einn.s We.stp3nien. Eanri?erg.'
BncEner 7993. 233 3. 99,30 DM. 773EV 3-7667-
3693-0).
„Kleine Schriften" werden traditionsgemäß zu
Ehren verdienter Wissenschaftler an einem
markanten Punkt ihres Lebenslaufes ediert, um
dann häufig einen Platz im Regal einer Insti-
tutsbibliothek zu beziehen und der Erwähnung
in dieser oder jener Fußnote zu harren. Dieses
Schicksal wird der Sammlung „Antike aktuell",
herausgegeben zum 60. Geburtstag Friedrich
Maiers, wohl kaum bestimmt sein. Schon das
Äußere des Bandes macht deutlich, daß er als
Fortsetzung des bislang dreibändigen Standard-
werkes „Lateinunterricht zwischen Tradition
und Fortschritt" verstanden und gebraucht wer-
den will, als ein Handbuch für die Ausbildung
und die Praxis des altsprachlichen Unterrichts
also, wobei diesmal auch das Griechische mit
einigen Beiträgen berücksichtigt ist. Grundsätz-
liches ist von daher zu erwarten und darüber-
hinaus eine Orientierung an den Bedürfnissen
des realen Unterrichts: Modelle, die die Um-
setzbarkeit didaktischer Theorie zu veranschau-
lichen vermögen.
Altsprachliche Bildung versteht sich nicht mehr
von selbst, und dieses Problem ist nicht neu:
„Warum sollten wir uns dann mit einer fremden
Sprache so lange Zeit und so erbärmlich mar-
tern lassen?" zitiert Maier aus einer Festrede an
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften -
im Jahre 1765. „Wie fremd ist uns die Antike?"
Fremd bleibt sie selbst dem Altphilologen, der
sich ihr mit wissenschaftlicher Distanz nähert.
Um wieviel fremder muß sie dann den Schüle-
rinnen und Schülern sein, die das zahlenmäßig
größte Publikum bilden, mit dem es ihre pro-
fessionellen Vermittler zu tun haben. Auf jeden
Fall ist die Antike auf den Nachweis ihrer Ak-
tualität angewiesen, argumentative Fitness ihrer
Vertreter in bildungstheoretischen und schul-
politischen Diskussionen ist dringend geboten.
Ganz zu schweigen von einer immer wieder
notwendigen Neubestimmung der eigenen Be-
rufsidentität, die allein das Fundament einer auf
die Adressaten dieses Bildungsangebots aus-
strahlenden Motivation sein kann. Die „Techno-
logische Herausforderung" und der damit ver-
bundene wissenschafts- und bildungstheore-
tische Diskurs ist eines der grundsätzlichen
Themen, die Maier in diesem aktualisierenden
Band seiner Didaktik erörtert. „Humanistische
Bildung" komplementär zur naturwissenschaft-
lich-technischen Bildung zu vermitteln, bedeu-
tet für das Gymnasium, den Menschen „fähig zu
machen, Kultur zu erfahren, zu vermitteln und
zu stiften". Notwendig ist „die stärkere Beto-
nung all jener Akte und Prozesse, in denen
Kultur reproduziert oder neu geschaffen wird,
in Tanz, Mimik, Gebärde, in Musik in bildneri-
scher Gestaltung, zu allererst sicher in der Pfle-
ge und Aneignung der Sprache". Dies aber nicht
im Sinne einer übertriebenen linguistischen
Sprachreflexion, „wenn eine zu stark me-
tasprachlich gestützte Bearbeitung die formalen
Bezüge über die Inhalte stellt", sondern in der
Heranbildung eines Bewußtseins von Sprache
als Medium der „Erfahrungen der Vergangen-
heit". Die unter den Schwerpunkten „antike
Tradition im gegenwärtigen Europa" und
„Interpretation antiker Texte als Denkmodelle"
gesammelten Beiträge konkretisieren diesen
Anspruch. Andererseits erscheint die sprachli-
che Bildung hier in guter Gesellschaft anderer
Formen kultureller Produktion. Diese Erweite-
rung der Perspektive zeigt durchgängig Wir-
kung: Das Buch ist eine Fundgrube von Rezep-
tionsdokumenten, von Kunst und Karikatur, von
Collagen und Verfremdungen.
„Kreativitätserziehung in altsprachlichen Un-
terrichtsprojekten" ist einen eigenen didakti-
schen Schwerpunkt wert, zumal wenn das
„Gesicht des Krieges" in der Schlußszene der
Aeneis von einem „jungen Vergilleser" illusi-
onsloser und damit angemessener dargestellt
wird als von seinen professionellen Vorgängern.
100
Anhkg aktMe/I. Eine /!Mmani.st7sc/!e Mitgi/t /ur
Europa. Eieine 3'c/?r;/ien von ErieeiricA Afnier.
Eingei. M. reei. v. Einn.s We.stp3nien. Eanri?erg.'
BncEner 7993. 233 3. 99,30 DM. 773EV 3-7667-
3693-0).
„Kleine Schriften" werden traditionsgemäß zu
Ehren verdienter Wissenschaftler an einem
markanten Punkt ihres Lebenslaufes ediert, um
dann häufig einen Platz im Regal einer Insti-
tutsbibliothek zu beziehen und der Erwähnung
in dieser oder jener Fußnote zu harren. Dieses
Schicksal wird der Sammlung „Antike aktuell",
herausgegeben zum 60. Geburtstag Friedrich
Maiers, wohl kaum bestimmt sein. Schon das
Äußere des Bandes macht deutlich, daß er als
Fortsetzung des bislang dreibändigen Standard-
werkes „Lateinunterricht zwischen Tradition
und Fortschritt" verstanden und gebraucht wer-
den will, als ein Handbuch für die Ausbildung
und die Praxis des altsprachlichen Unterrichts
also, wobei diesmal auch das Griechische mit
einigen Beiträgen berücksichtigt ist. Grundsätz-
liches ist von daher zu erwarten und darüber-
hinaus eine Orientierung an den Bedürfnissen
des realen Unterrichts: Modelle, die die Um-
setzbarkeit didaktischer Theorie zu veranschau-
lichen vermögen.
Altsprachliche Bildung versteht sich nicht mehr
von selbst, und dieses Problem ist nicht neu:
„Warum sollten wir uns dann mit einer fremden
Sprache so lange Zeit und so erbärmlich mar-
tern lassen?" zitiert Maier aus einer Festrede an
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften -
im Jahre 1765. „Wie fremd ist uns die Antike?"
Fremd bleibt sie selbst dem Altphilologen, der
sich ihr mit wissenschaftlicher Distanz nähert.
Um wieviel fremder muß sie dann den Schüle-
rinnen und Schülern sein, die das zahlenmäßig
größte Publikum bilden, mit dem es ihre pro-
fessionellen Vermittler zu tun haben. Auf jeden
Fall ist die Antike auf den Nachweis ihrer Ak-
tualität angewiesen, argumentative Fitness ihrer
Vertreter in bildungstheoretischen und schul-
politischen Diskussionen ist dringend geboten.
Ganz zu schweigen von einer immer wieder
notwendigen Neubestimmung der eigenen Be-
rufsidentität, die allein das Fundament einer auf
die Adressaten dieses Bildungsangebots aus-
strahlenden Motivation sein kann. Die „Techno-
logische Herausforderung" und der damit ver-
bundene wissenschafts- und bildungstheore-
tische Diskurs ist eines der grundsätzlichen
Themen, die Maier in diesem aktualisierenden
Band seiner Didaktik erörtert. „Humanistische
Bildung" komplementär zur naturwissenschaft-
lich-technischen Bildung zu vermitteln, bedeu-
tet für das Gymnasium, den Menschen „fähig zu
machen, Kultur zu erfahren, zu vermitteln und
zu stiften". Notwendig ist „die stärkere Beto-
nung all jener Akte und Prozesse, in denen
Kultur reproduziert oder neu geschaffen wird,
in Tanz, Mimik, Gebärde, in Musik in bildneri-
scher Gestaltung, zu allererst sicher in der Pfle-
ge und Aneignung der Sprache". Dies aber nicht
im Sinne einer übertriebenen linguistischen
Sprachreflexion, „wenn eine zu stark me-
tasprachlich gestützte Bearbeitung die formalen
Bezüge über die Inhalte stellt", sondern in der
Heranbildung eines Bewußtseins von Sprache
als Medium der „Erfahrungen der Vergangen-
heit". Die unter den Schwerpunkten „antike
Tradition im gegenwärtigen Europa" und
„Interpretation antiker Texte als Denkmodelle"
gesammelten Beiträge konkretisieren diesen
Anspruch. Andererseits erscheint die sprachli-
che Bildung hier in guter Gesellschaft anderer
Formen kultureller Produktion. Diese Erweite-
rung der Perspektive zeigt durchgängig Wir-
kung: Das Buch ist eine Fundgrube von Rezep-
tionsdokumenten, von Kunst und Karikatur, von
Collagen und Verfremdungen.
„Kreativitätserziehung in altsprachlichen Un-
terrichtsprojekten" ist einen eigenen didakti-
schen Schwerpunkt wert, zumal wenn das
„Gesicht des Krieges" in der Schlußszene der
Aeneis von einem „jungen Vergilleser" illusi-
onsloser und damit angemessener dargestellt
wird als von seinen professionellen Vorgängern.
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