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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 1
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Besprechungen
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Wölke, Hansjörg: [Rezension von: Hans Glinz, Grammatiken im Vergleich]
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Lorenz, Dieter: [Rezension von: Marion Giebel, Treffpunkt Tusculum. Literarischer Reiseführer durch das antike Italien]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0033

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auch nur versteht, gleich sind und daher auch an
einer einzigen Stelle in seinem Gehirn eingela-
gert werden. Für die semantischen Einheiten
und Strukturen dagegen und ebenso die mor-
phologischen, die jenen als Signale dienen, gelte
ein kompliziertes In- und Nebeneinander von
gemeinsamer und getrennter Speicherung. -
Doch mehr als kurze Hinweise, welchen Ertrag
dies Buch für den Lateinunterricht an der
Schule geben kann, sind hier nicht möglich.
Zunächst: Obwohl Glinz mit einem fast 30 Sei-
ten langen systematischen Register dem Ratsu-
chenden hilft, ist sein Buch als Nachschlage-
werk nur bedingt geeignet, weicht es doch von
üblicher (freilich nicht immer deswegen auch
guter) Systematik ab. Ein zentraler Begriff für
Glinz ist das „verbale Semantem": die
„Bedeutungsstruktur aus einem Verb und mit
ihm gegebenen Satzgliedstellen", d. h. nicht nur
die formale Valenz (z.B. die unterschiedliche
Verwendung von petere mit Akkusativobjekt
und mit Infinitiv), sondern auch das, was an-
derwärts „Kollokation" heißt, d. h. die Nuancie-
rung von Verben je nach Inhalt des beigefügten
Satzgliedes (z.B. „pefere im Unter-
schied zu „petere /?oVe;??"). Bei diesen Satzglie-
dern wiederum unterscheidet er auf der Ebene
der Formalstruktur zunächst einfach in
„fallbestimmte" und „fallfremde" Satzglieder.
Die Existenz einer Kategorie „adverbiale Be-
stimmung" leugnet er und konsequent auch die
Möglichkeit, ein Präpositionalobjekt davon
unterscheiden zu können. Er spricht einfach von
einem „Präpokasus". - Das eine oder andere an
der Darstellung speziell der lateinischen Gram-
matik ist heikel. So weicht Glinz z. B. von der
historisch begründeten Dreiteilung des Ablativs
ab und ersetzt sie durch andere semantische
Kategorien mit der Folge, daß z. B. unter der
Rubrik „Ausgangspunkt, Herkunft, Grundlage.
Ursache" AM. yeparan'vMv und canjae beisam-
men erscheinen. Freilich folgt diese Art der
Kategorisierung unmittelbar daraus, wie Glinz
die Sprachproduktion beschreibt.
Glinz bietet freilich noch andere, viel wichtigere
Hinweise. Als ein Ziel des Lateinunterrichts
wird seit jeher propagiert, durch Feilen an der

Übersetzung verfeinere er den Gebrauch der
deutschen Sprache. In der Unterrichtswirklich-
keit wird dieser Anspruch freilich selten genug
eingelöst. Stilistischer Eleganz steht häufig die
Notwendigkeit im Wege, lateinische Satzstruk-
turen abzubilden. Glinz bahnt dagegen andere
Wege: Nicht nur, daß z. B. auf die Existenz
eines „historischen" Infinitivs auch für das
Deutsche hingewiesen wird (S. 71 f.). Im Deut-
schen muß die Subjektsstelle häufig durch ein
„es" besetzt werden, wo Gleiches im Lateini-
schen nicht erforderlich ist; Glinz differenziert
S. 67 f. sehr genau die verschiedenen Verwen-
dungen eines solchen „es". Wesentlicher Unter-
schied zum Deutschen ist. daß es im Lateini-
schen keinen Artikel gibt. Welche Möglichkei-
ten der Differenzierung das Deutsche (und das
Englische und Französische) dem Lateinischen
so zunächst voraushat, kann man Schülern an-
hand des Überblicks S. 300 f. gut verdeutlichen.
Unterschiedliche Verwendung von „Wenn"-
Sätzen. deren Scheidung im Lateinischen
(anders als im Deutschen) durch „cnw" und „M"
sehr klar zu sein scheint, analysiert Glinz S.
477 ff.; und es zeigt sich, daß konditionale und
temporale Darstellung so verschiedenen Inhalts,
wie es oft heißt, gar nicht sind.
Das Buch ist eine Fundgrube, und es nötigt Be-
wunderung ab, mit welcher Intensität Hans
Glinz sich mit den verschiedenen Sprachen be-
schäftigt hat. Eine erste Skizze hatte er schon
1961 zunächst unter dem Titel „Sprachliche
Bildung in der höheren Schule", in einer zwei-
ten Auflage (1965) als „Die Sprachen in der
Schule" vorgelegt. Sie für den Lateinunterricht
zu nutzen, ist nicht ganz einfach und kostet Zeit
und Mühe. Aber es lohnt sich.
HANSJÖRG WÖLKE
Afan'on.' rnvcn/nm. 75fe?w;'-
.scMr ReAcyhRrer <7nrc/? <7aj onü'ke /taü'e;?.
Smrrgart.' Rec/aw 7995. 507 5. 59,50 DAL
(7ABV 5-75-070477-4).
Marion Giebel knüpft an Cicero, de legibus 11.2
an. eine Stelle, an der Atticus von den Gefühlen
spricht, die ihn an Orten bewegen, an denen

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