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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 2
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Besprechungen
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[Rezension von: Ulrich Sinn, Olympia. Kult, Sport und Fest in der Antike]
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[Rezension von: Frank Kolb, Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0108

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Anspruch der Eleer auf Leitung des Heiligtums
legitimieren sollte. Olympia wurde nach den
Perserkriegen im Jahre 476 v.Chr. für eine al-
lerdings nur kurze Zeit mit der Wahrnehmung
des gesamtgriechischen Schiedsgerichtes be-
traut. 776 ist lediglich das Jahr, das die runde
Zahl von 75 Olympiaden zurücklag.
Olympia ist ein Ort voll prächtiger Bauten ge-
worden - und das alles nur für ein paar Tage alle
vier Jahre? Die Vorstellung, als habe das Heilig-
tum die meiste Zeit fast verödet dagelegen, sei,
so Ulrich Sinn, grundverkehrt. Olympia sei
eben nicht eigens als Wettkampfstätte gegründet
worden. Täglich standen den Menschen der
Kultplatz für Opfer und Gebete, das Orakel für
ihre Anfragen offen. Auch anderen Gottheiten
wie der Artemis mit ihren drei Heiligtümern
waren Kulte gewidmet. Einmal im Monat ver-
anstaltete das Heiligtum eine große Prozession.
Aber auch für die Zeit der olympischen Sport-
wettkämpfe selbst stellt Ulrich Sinn mehr das
dar, was an deren Rande geschah: wie lebten die
Festbesucher dort? Wie wurden Gebäude wie
das Prytaneion und das Buleuterion genutzt? Ja
gar: wo ließen die Besuchermassen ihren ebenso
massenhaften Müll?
Wer sich über die sportlichen Ereignisse in
Olympia informieren will, wird also weiterhin
zu den Büchern von Moses Finley und H. W.
Pieket („Die Olympischen Spiele der Antike"),
Ingomar Weiler („Der Sport bei den Völkern
der alten Welt") oder Joachim Ebert („Olympia
von den Anfängen bis Coubertin") greifen. Für
Olympia als Kultstätte und Festplatz gibt das
vorliegende Buch einen leicht lesbaren und klar
gegliederten Einblick in neueste Forschungen.
KoB?, Frank.' Rom. GMc/n'ckfg Jcr S?a& in
Jgr Antike. München.- Beck 7995. 753 5. 75,00
DM f/SBV 5-406-59666-d).
Stadtgeschichte gibt Frank Kolb, schildert daher
kaum die Ereignisse, die sich in Rom abgespielt
haben - das wäre ja nichts als ein (teilweise
zudem schwer begreiflicher) großer Ausschnitt
aus der Geschichte des Römischen Reiches -,
sondern zeigt Entwicklungen der Stadtgestalt

und des städtischen Lebens im antiken Rom,
wie sie nicht zuletzt an den Bauten ablesbar
sind, in einem kurzen, aber wichtigen Kapitel
(S. 309-329) auch die Wechselbeziehungen
zwischen dem Umland (dem yMhMrhmm) und
der Stadt selbst. Das Privatleben bleibt dabei
weitgehend ausgeklammert, da es hierfür an
anderer Stelle kompetente Darstellungen gebe.
Daß die 300 Jahre der Geschichte des kaiser-
zeitlichen Rom mehr Raum einnehmen als die
etwa 1000 Jahre der Stadt vor Augustus und
auch hierbei die Zeit bis zum Dritten Punischen
Krieg kürzer behandelt wird, ist allein der
Quellenlage geschuldet. Das methodische Rüst-
zeug für diese Betrachtung hatte sich der Autor,
seit 1986 Ordinarius für Alte Geschichte in Tü-
bingen, durch lange Forschungstätigkeit erwor-
ben, deren Frucht bereits das Buch „Die Stadt
im Altertum" von 1984 war.
Gegenüber dem, was in der Antike über Ur-
sprünge und Anfänge Roms überliefert wurde,
ist Kolb überaus skeptisch. Er weiß schon nicht
recht, ob man überhaupt von einer Gründung
Roms als Stadt sprechen dürfe. Zahllose heilige
Haine, Quellen, Grotten, also eine regelrechte
„Sakrallandschaft", hätten etruskische Herrscher
mit einem sakralen Ritual zusammengefaßt, neu
organisiert und urbanisiert und so Rom
„gegründet". Das frühe Wachstum Roms sei
nicht so sehr auf immanente Kräfte zurückzu-
führen (wie die an sich nicht ungünstige Ver-
kehrslage), sondern auf ein strategisches Inter-
esse der Etrusker an diesem Platz. Fazit: „Es
lebe Romulus, der Etrusker!" (S. 108). Aller-
dings dürfe man dies Wachstum nicht über-
schätzen. Das Rom auch der 1. Hälfte des 7.
Jh.s sei keineswegs der Mittelpunkt der latini-
schen Welt gewesen. Die sog. „Servianische
Mauer" sei wohl erst nach dem Galliersturm
errichtet worden; Befestigungen dürfte vorher
nur das Kapitol getragen haben.
Ausführlich geht Kolb auf die Geschichte der
Bauten in Rom ein, betrachtet sie dabei als ein
Teil der politischen und sozialen Geschichte.
Vielfach erkennt er in den Bauten den Willen,
sich bzw. die eigene soziale Schicht öffentlich
darzustellen. Bereits unter Sulla, Pompeius und

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