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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 2
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Besprechungen
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[Rezension von: Gert Ueding, Klassische Rhetorik]
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[Rezension von: Antonio Balestrino, Die römische Villa von Minori]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0110

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Absicht, die Vielfalt der rhetorischen Vorschrif-
ten darzustellen und vor allem sie aus den Be-
dingungen und Zwecken der öffentlichen Rede
abzuleiten, so geht es Ueding mehr darum zu
zeigen, daß „das Lehrgebäude der antiken Rhe-
torik ... so groß und variationsfähig" sei, daß es
sich „noch für die moderne Reflexion über Lite-
ratur und Sprache lebensfähig und fruchtbar"
erweise (S. 53). Das bedeutet übrigens nicht,
daß man, was Ueding über das System antiker
Rhetorik schreibt, vernachlässigen könne. Ich
fand es, wie er (S. 57 ff.) verschiedene Arten
der Beweisgründe (/oci) zusammengestellt und
(vor allem) durch Beispiele erläutert hat, sehr
nützlich und habe einige Anregungen für den
Unterricht gefunden.
Wahrheit allein überzeugt nicht, „Glaub-
würdigkeit muß als zusätzliche Qualität zur
Wahrheit hinzukommen". „Die wissenschaftli-
che Erkenntnis für sich genommen erscheint nur
im Ausnahmefall glaubwürdig ... Rhetorik hat
die Aufgabe, das unvermittelte Wissen überzeu-
gungskräftig zu machen ... und auf das bereits
vermittelte Wissen zu beziehen" (S. 80). So ist
die Rhetorik Mittel, Erkenntnis in den allgemei-
nen Wissens- und Bildungshorizont zu integrie-
ren und ihr Wirkung zu verleihen. Aristoteles'
TonoL, die Bausteine des rhetorischen Schlus-
ses, die ihre Beweiskraft daraus beziehen, daß
sie auf allgemein anerkannte Ansichten rekur-
rieren, erweisen sich als eine fast sozialwissen-
schaftliche Kategorie: denn nun kann man
Tenor als „Kategorien des kollektiven oder
gesellschaftlichen Bewußtseins" bezeichnen
(S. 81). töttot verhelfen den Individuen zu ihrer
sozialen und kulturellen Orientierung und sind
so Grundlage für die Erschließung der Welt.
Auch Austausch und Koordination zwischen
den einzelnen Spezialwissenschaften ist rhetori-
sche Aufgabe. Der Redner, der überzeugend
wirksam werden will, muß sich alle wesentli-
chen Bestandteile der zeitgenössischen Bildung
aneignen, aber nicht so, daß er die (später ka-
nonisierten) ,^sgpfgw artgA' 00gro/g.s" additiv
nacheinander durchgeht, sondern sie jeweils als
Teil eines Ganzen sich integriert. „Modem ge-
sprochen: Interdisziplinärst ist die wichtigste

Anforderung an den Rhetoriker" (S. 84). Da
erweisen sich nun die Sophisten als diejenigen,
die der dialektischen Sicht auf Erkenntnis und
allgemeines Bewußtsein überhaupt erst den
Weg geebnet haben. Ihr Anspruch, die schwä-
chere Seite zur stärkeren machen zu können,
„bedeutet ... zunächst nichts weiter als sie aus
einer Vorurteils-Fixierung lösen und der ver-
nünftigen dialektischen Erörterung zugänglich
machen können, in deren Verlauf sich heraus-
steilen mag, ob sie wirklich die schwächere ist"
(S. 20). Nur hätten sie schließlich den aufkläre-
risch-sophistischen Grundsatz preisgegeben, daß
es kein dem Widerstreit der Meinungen entzo-
genes, vorgängiges Wissen gebe.
Bo/gyrrmo, Antonio.' D:g romAc^g Viiio von
Minori. /Dt. v./ E&gr/mrJ OOgrg. Gro.s.sgfo
7996. 45 5. /Brivar<7rnck; zu Z?gzig/:gn ü&gr &n
Vg?^.' V. RgpM&Mica DoTm'm'cana 39, 7-53700
Gro&ygto/.
Die römische Villa von Minori in der Provinz
Salerno wurde wahrscheinlich zur Zeit des Ti-
berius an einem einsamen Platz am Meer, einem
engen Einschnitt der waldigen Küste an der
Südseite der Halbinsel von Sorrent erbaut. Der
nahe Wildbach ließ später ihren oberen Teil
einstürzen. Aber ihre Grundmauern wurden in
Mittelalter und Neuzeit „recycelt" als Funda-
mente neuer Gebäude; einige Räume wurden in
neuerer Zeit als Weinkeller benutzt. 1932 ent-
deckten Bauarbeiter, was sich unter dem neu-
zeitlichen Fußboden verbarg. Heute erkennbar
sind das Wohngebäude, ein ausgedehnter Gar-
ten mit einem Wasserbecken in der Mitte und
ein Teil der Arkaden, die ihn auf drei Seiten
umgaben. Dort und in vier Räumen des Wohn-
gebäudes finden sich Malereien des dritten
pompejanischen Stils. Leider hat sich der Ver-
fasser nicht in der Lage gesehen, außer einem
Grundriß weitere Abbildungen beizufügen.
Marmorarbeiten und andere Reste waren frei-
lich systematisch geraubt worden.
Weiterreichendes Interesse darf das Büchlein
beanspruchen durch das, was es über die Ge-
schichte der heutigen Provinz Salerno in vor-
römischer und römischer Zeit enthält, auch

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