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Neumann, Sarah
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0030

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1.5 Methodik

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möglich oder bieten die Quellen allenfalls ein Stimmengewirr von bedeutsamen Aussa-
gen über Wesen und Wert des gerichtlichen Zweikampfes?
Um dieser Entscheidung zumindest ein wenig näher kommen zu können, sind
einige grundlegende Überlegungen zur Arbeitsgrundlage und zu ihrer Auswertung
notwendig, die Wege zur und Grenzen der Entscheidungsbildung durchsichtig ma-
chen.

1.5 Methodik

Um die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Bedeutung des ducHtuM vom Fortschrei-
ten der Zeit nachzuweisen, muss der gerichtliche Zweikampf diachron betrachtet wer-
den; zeitliche Begrenzungen verbieten sich daher von selbst. Für den Untersuchungs-
raum sind hingegen aus pragmatischen Gründen Beschränkungen notwendig: Gerade
im Hinblick auf die diachrone Perspektive ist eine Beschäftigung mit dem Frankenreich
und seinen >Erben<, dem Reich und Frankreich, angebracht, zumal Fetzteres in der älte-
ren Forschung gern als >Mutterland< des Zweikampfes dargestellt wird, dem schließlich
auch England die Verankerung des gerichtlichen Zweikampfes im Recht zu verdanken
hat. Er wird dort erst mit der normannischen Eroberung ins Recht importiert, durch-
läuft beachtliche Sonderentwicklungen und kann sich - zumindest nominell - wesent-
lich länger als in anderen Fändern halten. Die kürzeste juristische Febensdauer ist
dagegen dem Holmgang in Nordeuropa beschert, der relativ unbeeinflusst von konti-
nentalen Rechtstraditionen und losgelöst von Gottesurteilskonzeptionen zu einem Feit-
motiv der Sagas avanciert. Flankierend zu den germanischen und christlichen Traditi-
onen des in Westeuropa soll daher zumindest an neuralgischen Punkten der
Blick auf Nordeuropa gerichtet werden, um einer allzu harmonisierenden Sicht auf ein
nach heutigen Maßstäben formiertes Europa entgegenzuwirken.
Darüber hinaus wird es erst in diesem relativ weit gefassten Untersuchungsraum
möglich, ein repräsentatives Quellenkorpus zu erstellen, hat doch die thematische Zu-
spitzung auf Bedeutungsvarianten des gerichtlichen Zweikampfes gravierende Konse-
quenzen für die Materialbasis, auf die sich eine derartige Untersuchung stützen muss:
Bedeutungsvarianten des mittelalterlichen Gerichtszweikampfes lassen sich eben nicht
allein im Recht bzw. im Wandel der Rechtsnormen ablesen. Wichtiger ist zu überprü-
fen, welche Erzähltraditionen in chronikalischen und literarischen Zeugnissen des Mit-
telalters begründet werden. Das zu analysierende Quellenspektrum muss daher neben
zentralen rechtsgeschichtlichen Belegen vor allem erzählende Quellen umfassen. Die
Verbindung von Rechtsquellen und im weitesten Sinne erzählenden Quellen ist im
Rahmen dieser Untersuchung jedoch nur mit Einschränkungen möglich, soll die Be-
schäftigung mit dem gerichtlichen Zweikampf nicht zur Febensaufgabe geraten: Da die
Rechtsgeschichte des bereits in detaillierten und soliden Arbeiten genauer dar-
gestellt wurde, kann für diesen Bereich im Wesentlichen auf das in der Forschungslite-
ratur zusammengestellte Quellenkorpus zurückgegriffen werden. Das eigentliche Ge-
wicht der Arbeit liegt auf der Analyse chronikalischer und literarischer Zeugnisse, da
insbesondere für den erstgenannten Bereich eine systematische Auswertung der Quel-
len noch aussteht. Das kann und darf allerdings nicht bedeuten, die Rechtsgeschichte
 
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