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Neumann, Sarah; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0026

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1.3 Bezugspunkte und Grenzmarken

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Setzung von David und Goliath herangezogerü - allerdings war dieser Vergleich nicht
unumstritten: So brachte beispielsweise Papst Nikolaus I. bereits 867 eine generelle Kri-
tik an den Gottesurteilen vor und stellte in diesem Zusammenhang bezüglich des
Zweikampfes klar, dass es sich bei David und Goliath keineswegs um ein ducHtuM ge-
handelt habe; sie seien Kämpen ihres jeweiligen Befehlshabers gewesen.^
Die Betrachtung der möglichen mythisch-historischen Vorfahren oder auch kultu-
rellen Parallelen des Zweikampfes befördert jedoch wiederum das Denken in Kontinu-
itätsmodellen und führt letztlich zu der simplen Feststellung, dass Zweikämpfe - in
welcher Form auch immer - offenbar einen wesentlichen Bestandteil der coudz'ho (77777777-
770 ausmachen. Diese Pauschalaussage lässt jedoch keinen Raum mehr für Fragen nach
dem Einfluss zeit- und kulturspezifischer Faktoren, die ganz eigene Zweikampftypen
fördern. Schutz vor derartigen Verallgemeinerungen und Leitlinien für die Klassifika-
tion bieten Definitionen; doch der Halt, den sie versprechen, erscheint - zumindest im
Falle des 7(77^(77777 - durchaus trügerisch.

1.3.2 Fluch und Segen der Definition
Ein Zweikampf sei »eine kämpferische Auseinandersetzung zweier oder mehrerer Per-
sonen, die von unterschiedlichen Motiven zum Messen ihrer Kräfte angetrieben wer-
den [...] und die mit unterschiedlichen Mitteln [...] kämpfen können.«^ Diese breit an-
gelegte Begriffsbestimmung bietet nicht allein Raum für den Gerichtszweikampf,
sondern bezieht auch eine Reihe verwandter Phänomene ein. Und so werden in zahlrei-
chen Lexikonartikeln aller Fachrichtungen und Entstehungszeiträume''' mit definitori-
schem Ehrgeiz Grenzen gezogen, Distinktionsmerkmale festgelegt und folgende fünf
Hauptgruppen gebildet:^
Als frühe Form des Zweikampfes wird der sog. Auguralzweikampf behandelt, der
als 7777sp7C7M777 vor einer Schlacht ausgetragen wurde. So ließen die Germanen angeblich
64 Vgl. das Duell-Ritual (1067-1130) in LiEBERMANN: Gesetze der Angelsachsen 1, S. 430-431, hier
S. 431, Abs. 6: Oraü'o. CoM/orkdor et corroFomtor S77ste77ta777 e77ü7777<j77e 77707*77777/7'de(777777, Adonai/ 7M&-
/icieMS, 777ter777 7 77aMis, !Me77arraMis, pater eterwe De77s, <7777 yewtes Tnaywas et reges/ortes 007*77777 pop<7(o
t770 Israel destr77X7'st7 et 77C7'st7, <777777776 p77ero t770 Da777'd de gigante te MaspdeTnaMte at<?77e 777 S77a 777'rt77te
eoyh'der/te trAmpdare cowcessisti f.. J. - Auch für andere Formen des Gottesurteils sind biblische
Vorbilder relevant: so beispielsweise die Probe mit Eiferopfer und Fluchwasser zur Überfüh-
rung der Untreue bezichtigter Ehefrauen (Num. 5, 12-31); vgl. zu Gottesurteilen im AT MÜL-
LER-ßERGSTRÖM, Walther: Art. >Gottesurteil (Ordal)<. In: HdA 3, Sp. 996 Anm. 9; PRESS: Ordal
im alten Israel.
65 Vgl. Nicolaus I.: Epiostolae et decreta, Nr. 148, col. 1142-1146 (Ad Carolum calvum rege). - Vgl.
dazu auch BLOOMFiELD: Beowulf, S. 552.
66 ScmLD, Wolfgang: Art. >Zweikampf<. In: HRG 5, Berlin 1998, Sp. 1835-1847 hier Sp. 1835.
67 Vgl. Art. >Zweikampf<. In: DWB 16, Leipzig 1954, Sp. 1058-1060; Art. >Kampf<. In: DRW 6,
Sp. 1013-1032; SCHILD, Wolfgang: Art. >Zweikampf<. In: LexMA 9, Sp. 723-724. - Zahlreiche
Einzeldarstellungen beginnen mit einer Aufzählung verschiedener Zweikampf-Typen, um ih-
ren Untersuchungsgegenstand klarer zu umreißen, doch so verständlich und notwendig die-
ses Verfahren ist, fehlt doch der Hinweis, dass alle Typenbildungen Hilfskonstrukte der Wis-
senschaft und keine historischen Gegebenheiten< sind; vgl. SMEDT: Origines du duel
judiciaire.
68 Ich klammere im Folgenden Zweikampfmetaphern aus, die z.B. in der Darstellung der Aus-
einandersetzung von gut und böse verwendet werden.
 
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